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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 9.1894

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Heft 4
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Winter, Franz: Mithridates VI Eupator
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https://doi.org/10.11588/diglit.38777#0259
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MITHRADATES VI EUPATOR

(Tafel 8)

Der auf Tafel 8 nach einer Photographie von E. Dontenvill abgebildete
Marmorkopf befindet sich im Louvre. Es ist unbekannt, wie und wann er in die
Sammlung gelangt ist. Man weifs nur, dafs er längere Zeit in den Magazinen ver-
borgen war, aus denen er im Jahre 1870 herausgeholt wurde, um in der Galerie
Molien unter N. 3000 seinen Platz zu finden1. Er hat diese Befreiung aus dem
Versteck sehr verdient und er verdient es nicht weniger, durch Veröffentlichung
der allgemeinen Kenntnifs zugänglich gemacht zu werden,
denn ganz abgesehen von dem gegenständlichen Interesse,


das er bietet, steht er als künstlerische Leistung in der
Reihe derjenigen Werke, die sich über dem Niveau der
Durchschnittsantike halten. Und mit diesen Vorzügen ver-
bindet sich der einer verhältnifsmäfsig guten Erhaltung.
Die Nasenspitze freilich, ein Stückchen der Oberlippe und
die Spitze des Kinnes sind abgebrochen und ergänzt. Im
Übrigen beschränken sich indessen die Schäden auf geringe

Bestofsungen an den Wangen und Augenbrauen, und auch durch modernes Putzen
scheint wenig oder gar nichts an der Oberfläche verdorben zu sein.
Der Kopf ist ungefähr lebensgrofs. Die Entfernung vom Haaransatz bis
zum Kinn beträgt 0,18 m. Nach der Bewegung und nach der Bruchlinie ist es
wahrscheinlicher, dafs er zu einer Statue als dafs er zu einer Herme gehört hat.
Die Durchbildung der Gesichtszüge läfst auf ein Porträt und zwar, wie auch
das über den Hinterkopf gezogene Löwenfell andeutet, auf das Porträt eines
hellenistischen Herrschers schliefsen. Der erste Gedanke ist natürlich der an
Alexander den Grofsen. Aber diese Deutung würde nur die Reihe der falschen
und unsicheren Alexanderbildnisse, die Koepp jetzt glücklich aus der Zahl der
sicheren ausgeschieden hat2, durch ein neues vermehren. Alexander hat jugend-
lichere Formen und nicht so von Leidenschaften durch wühlte und zerrissene Züge,
wie sie dem Louvrekopf sein Gepräge geben, nicht diesen schauspielerhaft breit-
gezogenen Mund, vor Allem nicht diesen zwar aufserordentlich energischen, aber
gemeinen Ausdruck. Auch das Profil des Gesichtes, die Bildung der Kinn- und
Halslinie und das Verhältnifs der einzelnen Gesichtsteile zu einander stimmt nicht

') Die Angaben über den Kopf verdanke ich. der 2) Über das Bildnifs Alexanders des Grofsen,
liebenswürdigen Auskunft des Herrn Heron de 52. Winckelmannsprogramm der Archäologischen
Villefosse. Gesellschaft in Berlin.
 
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