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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 11.1896

DOI Artikel:
Bernoulli, Johann Jacob: Ikonographisches, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39191#0170
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IKONOGRAPHISCHES
(Tafel i)
II. DIE BILDNISSE DES HOMER1
Unter dem Namen des Homer gehen, abgesehen von ein paar ganz will-
kürlichen Deutungen, nicht weniger als vier verschiedene Typen, von denen einer
schon im sechzehnten Jahrhundert bekannt war, ein zweiter durch Visconti hinzu-
gefiigt wurde, während die beiden anderen mehr nur vereinzelt und vermuthungs-
weise, zum Theil aber doch mit grofser Bestimmtheit für Homer in Anspruch ge-
nommen werden. Es sind dies der Typus des blinden Sängergreises, wie er u. A.
in der Büste von Sanssouci vorliegt, und der des früher sogenannten Apollonios
von Tyana im Capitol, dann der zwischen Homer und Hesiod schwankende, von
dem das beste Exemplar im britischen Museum (abgeb. Anc. Marbl. II 44), und
endlich der des sog. Epimenides mit den geschlossenen Augen. Bei den sehr ver-
schiedenen Ansichten, welche über die Authenticität dieser Bildnisse herrschen,
scheint es nicht überflüssig, sich einmal genauere Rechenschaft über das Mafs ihrer
Beglaubigung zu geben.
Vollkommen gesichert ist zunächst nur das erstgenannte, der Typus der
Büste von Sanssouci, dessen auszeichnendes Charakteristicum die Blindheit ist.
Magnus in der in Anmerkung I erwähnten Schrift zählt siebzehn antike Wieder-
holungen auf, wovon er aber nachträglich den Kopf im Musensaal des Vaticans
n. 496 mit Recht wieder ausscheidet. Ebendasselbe hätte mit dem Marmorkopf im
Pal. Riccardi zu Florenz (Dtitschke II S. 83) und mit dem jetzt verschollenen des
Museo Campana [D'Escamps pl. 44) geschehen können, während der Münchener Kopf
(unten n. 23) vielleicht blos als zweifelhaft, und der in Villa Albani (n. 21) seiner
Ergänzungen wegen als unbrauchbar zu bezeichnen ist. Mit Hinzuziehung von neun

J) Als ich diesen Aufsatz schon an die Redaktion
des Jahrbuchs eingereicht hatte, machte mich
der Herausgeber freundlichst auf die soeben er-
schienene, mir noch nicht bekannte Schrift von
Id. Magnus, Die antiken Büsten des Homer, eine
augenärztlich-ästhetische Studie, aufmerksam, und
bot mir durch nochmalige Zustellung des Manu-
skripts Gelegenheit, dieselbe ebenfalls noch zu
benützen. Obgleich der Verfasser der genannten
Schrift sich hauptsächlich nur die Aufgabe ge-
stellt hat, zu untersuchen, in welcher Weise die
Blindheit an den Homerköpfen plastisch dar-
lassen

gestellt wurde, und von welchen Grundsätzen
der Künstler bei der Darstellung krankhafter
Körperzustände überhaupt auszugehen hat, be-
rührt er doch theilweise, und zwar mit aner-
kennenswerther Beherrschung des archäologi-
schen Materials, auch die ikonographische Frage,
allerdings nur mit Bezug auf den ersten und
den letzten von mir besprochenen Typus. Ich
habe, soweit es mir für den Zweck meiner Arbeit
nöthig schien, auf seine bezüglichen Erörterungen
Rücksicht genommen. Das Eintreten auf den
sonstigen Inhalt mufs weiterer Besprechung über-
en.
 
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