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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 11.1896

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Schreiber, Theodor: Die hellenistischen Reliefbilder und die Augusteische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.39191#0088
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DIE HELLENISTISCHEN RELIEFBILDER
UND DIE AUGUSTEISCHE KUNST

Eine der überraschendsten Thesen in Wickhoffs gedankenreicher Studie1 über
die Entwickelung der römischen »Reichskunst« ist die Behauptung, dafs die Panzer-
reliefs der Augustusstatue von Prima Porta im Braccio nuovo des Vatikanischen
Museums2 stilistisch und technisch den Grimanischen Brunnenreliefs3 in Wien gleich,
werthig seien, dafs demnach diese letzteren und die sich anschliefsenden Reliefbilder
in augusteischer Zeit entstanden sein müfsten. Indem der Verfasser eine von mir
aus den genannten wiener Reliefs abgeleitete Stilcharakteristik unmittelbar auf die
Reliefs jener römischen Porträtstatue anwendbar findet, gelangt er zu Ergebnissen,
welche in die bisher, wie ich glaube, fast allgemein angenommenen Anschauungen
von dem Unterschied hellenistischer und römischer Reliefbildnerei tief einschneiden.
Seine Beweisführung beruht nicht auf einer eingehenden Analyse der Formen beider
mit einander verglichener Bildwerke und so ist auch nicht eine Widerlegung von
Satz zu Satz möglich. Trotzdem, oder richtiger umsomehr darf ich eine genauere
Prüfung der Sachlage nicht länger aufschieben, wenn nicht mein Schweigen als
Zustimmung erscheinen soll, hoffe ich doch zeigen zu können, dafs zwischen jenen
Panzerreliefs und diesen Relief bildern ein fundamentaler Unterschied besteht, ein
Gegensatz, welcher so deutlich erkennbar ist, dafs es mir schwer verständlich wird,
wie ihn Wickhoff hat übersehen können.
Vorausschicken mufs ich eine möglichst knappe Zusammenfassung meiner
eigenen, in zwei selbständigen Untersuchungen entwickelten Ansichten, weil Wickhoff
die zweite dieser Abhandlungen bei der Ausarbeitung seines kunstgeschichtlichen
Abrisses offenbar noch nicht gekannt hat und auch die erste nur beiläufig citirt,
ohne auf gegnerische Beweisgründe näher einzugehen.
In der Schrift über die Grimanischen Brunnenreliefs war ich ausgegangen
von einer Reihe von Folgerungen, denen meines Wissens bisher mit stichhaltigen
Gründen nicht widersprochen worden ist. Es besteht eine strikte Analogie zwischen
den mit landschaftlichem Hintergrund ausgestatteten Reliefbildern der kleineren
Gattung, den sog. Kabinetsreliefs, und den ungefähr gleich grofsen, in den Stoffen
und in der Mythenauffassung vielfach sich mit jenen aufs engste berührenden Kabinets-
bildern der pompejanischen Wandmalerei. Beide Denkmälergruppen haben dieselbe

') Die Wiener Genesis herausgeg. von Wilhelm
v. Hartei u. Franz Wickhoff, Wien 1895, S. I7ff>
-) Helbig, Führer I nr. 5. Rayet, Monum. de l’art
antique II Tafel 71. Brunn - Bruckmann , Denk-
mäler griechischer und römischer Skulptur nr. 225.

3) Schreiber, Die Wiener Brunnenreliefs aus Palazzo
Grimani, Leipzig 1888. Hartei-Wickhoff Fig. 5
und 6. Robert von Schneider, Album aus-
erlesener Gegenstände der Antikensammlung des
allerhöchsten Kaiserhauses Taf. 18 u. 19.
 
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