Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 12.1897

DOI Artikel:
Petersen, Eugen: Vasenscherbe von Tell-Defenneh: (zu Jahrbuch 1895, S. 41)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39821#0067
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VASENSCHERBE VON TELL-DEFENNEH.
(Zu Jahrbuch 1895 S. 41.)

Der uns zu früh entrissene Dümmler hatte bei seiner Besprechung jener
Reste altionischer Vasenmalerei mehr Technik und Stil als die Deutung im Auge.
Wohl dachte er bei einigen an Vorgänge der Heroensage oder des Lebens, doch
ohne näher bestimmen zu wollen. Mit gutem Grunde, wegen des Erhaltungs-
zustandes. Eine aber, die S. 41 Fig. 3 abgebildete Scherbe, ist sicher zu deuten:
es ist Odysseus, der, wie auf dem sfig. Vasenbild von Gela (Arch. Zeit. 1876
Taf. 15), mit gezücktem Schwerte auf Kirke losgeht. Von der Zaubrerin ist die Linke
übrig, den einhenkligen Becher am Fufse fassend, auch der Stab, welchen der er-
hobene r. Arm hielt, im Becher den Trank rührend — auch das Alles ziemlich
genau wie auf der Lekythos von Gela — und wie dort dürfte Kirke auch hier der
niedrigeren Armlage wegen sitzend gewesen sein \ Von den verwandelten Gefährten
des Odysseus ist wenigstens einer hinter Odysseus unverkennbar. Charakteristisch
für ionische Weise sehen wir die Verwandlung hier weitergreifen. Thierisch ist
nicht nur der Fufs statt einer Hand hinter der Rechten des Odysseus, sondern auch
der Beinansatz. Dafs es ein zum Schwein Verwandelter ist, zeigt das noch kennt-
liche Ringelschwänzchen — so auf den andern Vasen — wie es scheint aber auch
eine Unform, die trotz der Zerstörung noch vor dem 1. Oberschenkel sichtbar ist.
Weder das Schwänzchen noch irgend ein vortretender Theil einer weiter hinten
befindlichen Figur kann es sein. Der Vergleich mit dem r. Bein zeigt vielmehr,
dafs der vordere Contur des linken fehlen würde, wenn er nicht in der oben noch
erhaltenen, wie mit einem Borstenkamm besetzten Finie — man erinnert sich, wie
Homer die Borsten hervorhebt — gesehen würde. Freilich wären die Borsten
eigentlich am Rücken am Platz. Auch unter dem Glutaeus, oben am r. Bein ist
ein kleiner Rest von Behaarung. Hier aber könnte es das Schwänzchen sein; die
Borsten würden ja hier an der entgegengesetzten Seite stehen. Genug, die Scene
der Odyssee steht fest, und kaum zweifelhaft ist, dafs wiederum Odysseus mit
Kirke den Mittelpunkt bildete und auch hinter Kirke wenigstens noch ein Verwan-
delter stand.

:) Die genaueste Übereinstimmung mit den erhal-
tenen Theilen der Kirke zeigt die burleske Dar-
stellung der Branteghemschen Kotyle im Journ.
of Hell. St. 1892 S. 81 Fig. 2, wo Kirke vor ihrem
Webstuhl zwar steht, aber den Becher auch be-
trächtlich höher hält. Dagegen auf der sfg.
attischen Lekythos ebenda T. II ist Odysseus

rechts auf einem Felsen (als Wanderer) sitzend
dargestellt, mit umgehängtem, noch in der Scheide
befindlichem Schwert, während links Kirke von
ihrem Stuhl (weil zu Elause) sich erhoben hat,
um jenem den Skyphos zu reichen, in welchem
sie eben noch den Mischtrank mit dem Stäbchen
in der Rechten gerührt haben wird.
 
Annotationen