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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 40.1925(1926)

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Krischen, Fritz: Die Statue des Maussollos
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https://doi.org/10.11588/diglit.44818#0032
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DIE STATUE DES MAUSSOLLOS
Mit Beilage i u. 2

C. T. Newton hat bei der Ausgrabung des Maussolleions von Halikarnassos
an der Nordseite des Gebäudes Trümmer einer Quadriga, sowie eine weibliche und eine
männliche Statue in gleichem Verwitterungszustande und in wenig berührter Sturz-
lage gefunden, diese Stücke zu einer Gruppe vereinigt und darin die Quadriga erkannt,
von der Plinius überliefert, daß sie die Bekrönung des Maussolleions bildete. Die
männliche Figur mit ihrer auffallenden Haartracht ist sofort als Maussollos, die weib-
liche erst als Göttin, später als Artemisia bezeichnet worden. Gegen diese Benennung
und noch mehr gegen die Aufstellung sind gelehrte Einwände in nicht geringer Zahl
erhoben worden, deren Gewicht mir allerdings mit wachsender Menge nicht zuzu-
nehmen scheint. Bei meiner Wiederherstellung des Maussolleions J habe ich sie nur
summarisch abgelehnt, da ich geradewegs auf mein Ziel, das Gesamtbild des Bauwerks,
zusteuerte, wobei mir zunächst nicht so wichtig erschien, ob diese oder andere Fi-
guren oben gestanden hätten. Inzwischen haben sich mir für die Beurteilung der
Gruppe, wie sie im Britischen Museum zu sehen ist, neue Gesichtspunkte ergeben,
und es hat sich in mir die Meinung befestigt, daß die dortige Aufstellung im ganzen
richtig, daß die männliche Statue Maussollos und die weibliche demnach seine Gattin
ist. Da es sich hierbei um die endgültige Gewinnung eines wichtigen Bildnisses und um
die Beziehung eines Künstlernamens zu einem gut erhaltenen Original des vierten
Jahrhunderts handelt, ist es wohl angebracht, dieser Frage eine eigene Bearbeitung
zu Avidmen. Der Leser findet eine gründliche Behandlung der Streitfrage in einem
Aufsatz von J. B. Knowlton Preedy, Journal of Hellenic studies 30, 1910, 133 ff.,
wo auch die Literatur nachgewiesen ist.
Ich möchte zunächst zu der negativen Seite der Sache Stellung nehmen und
zähle kurz die Argumente gegen die Benennung und Aufstellung des Maussollos
auf, indem ich gleich die entsprechende Kritik hinzufüge. Man könnte also fragen,
ob überhaupt jemand im Wagen gestanden hat. Plinius spricht wohl von einer Qua-
driga, sagt aber nicht, daß jemand darin fuhr. Eine leere Quadriga hat jedoch an dieser
Stelle überhaupt keinen Sinn. Sicher liegt hier eine Unterlassung bei Plinius vor,
die nicht zur Interpretation verwandt werden darf. Wir sprechen auch von den
Quadrigen auf dem Brandenburgischen Tor und dem Braunschweigischen Schloß,
ohne immer die Victoria und Brunonia mit zu erwähnen. Andere leere Wagen z. B.
kleine Terrakottawagen oder auch größere Dinge wie etwa den Bronzewagen von Mon-
teleone anzuführen geht nicht an, da sie eine andere Bestimmung, nämlich als Weih-
geschenk oder Grabbeigabe erfüllen. Desgleichen beweisen römische Beispiele größerer

J) Bonner Jahrbücher 1923, 1 ff.
 
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