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Graef, Antiochos Soter.

ANTIOCHOS SOTER.
Hierzu Tafel 3.
Für den Benennungsversuch eines antiken Porträtkopfes ist erste Vorbedingung
seine kunstgeschichtliche Datierung. Ehe nicht dadurch der Kreis der Möglichkeiten
für die in Betracht kommenden Persönlichkeiten verengt ist, bleibt jeder Versuch
einer Benennung ein blindes Raten. Zufällige Ähnlichkeiten trügerischer Art können
über Jahrhunderte hinaus täuschen und haben es oft gethan. So zum Beispiel
neuerdings noch bei dem Versuch, den herrlichen Cäsarkopf im Louvre für ein
Porträt des Antiochos III zu erklären *. Erst wenn auf Grund der Erkenntnis der
Entwickelung der Kunst ein Kopf im grofsen und ganzen zeitlich sicher eingeordnet
ist, darf man daran gehen, ihn mit einem Münzbilde zu vergleichen. Aber es gibt
auch hier noch trügende Ähnlichkeiten, die auf zufälligen Übereinstimmungen be-
ruhen und irre führen können. Die kleinen Münzbilder erheischen oft eine sehr
starke Vereinfachung der Form, ganz abgesehen von der griechischer Kunst in ihren
Hauptepochen eignenden Empfindung für Stil. Ferner: auch ganz ohne die be-
kannten oft erwähnten und arg mifsbrauchten Erfahrungen, die an modernen Bild-
nissen derselben Persönlichkeit gemacht worden sind, .lehren die inschriftlich be-
zeugten Köpfe derselben Person auf verschiedenen Münzen, wie willkürlich die
Stempelschneider verfuhren und wie ihr Sinn nur auf das allgemeinste des Ein-
druckes der Persönlichkeit gerichtet war. Dabei soll noch ganz unberücksichtigt
bleiben der Wunsch der Nachfolger Alexanders, ihre Erscheinung im Leben und
noch mehr im Bilde ihrem grofsen Vorbilde möglichst anzugleichen.
Die meist übliche Methode, einen Porträtkopf in die Seitenansicht zu rücken
und dann Zug um Zug mit einem Münzbilde zu vergleichen, mufs also notwendig
irre führen, wenn nicht vorher eine methodische Kritik der Münzbilder — sofern
mehrere vorliegen — voraufgegangen ist. Eine solche Kritik mufs notwendiger-
weise halb divinatorisch sein. Zunächst handelt es sich darum, die Absichten des
Stempelschneiders zu verstehen, ob er einen im allgemeinen gefälligen Kopf bilden,
ob er sein Objekt auf einen bestimmten Typus hin stilisieren wollte, oder ob charakte-
ristische Ähnlichkeit sein Ziel war. Das technische Können steht nicht immer im
Einklang mit den künstlerischen Absichten. Bei den Münzen des Perseus von Make-
donien zum Beispiel zeigt die Münze2, die nicht nur am geschicktesten und am
elegantesten geschnitten ist, sondern auch in der subtilen Behandlung der reichen
Modellierung im kleinen Mafsstab ein bewundernswertes Können verrät, doch so
konventionelle Formen, dafs man den anderen mit geringerer Kunstfertigkeit her-
gestellten einen gröfseren Glauben entgegenbringen wird. Hier mufs das im Sehen
von Formen durch lange Schulung geübte Auge die Züge herauszufinden wissen,
die für den Gesamteindruck die mafsgebenden sind. Ein solcher Eindruck mufs
]) Arndt Nr. 103, 104. Vgl. Bernoulli, Röm. Iko- 2) z. B. Imhoof-Blumer, Porträtköpfe Taf. II, 13.
nographie II. 18. VI.
 
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