Zusammenfassung
„Private Sprache“, so Ludwig Wittgenstein, ist ein Oxymoron — oder, wenn man das Lateinische dem Griechischen vorzieht, eine contradictio in adiecto. Sprache setzt eine Sprachgemeinschaft voraus; Sprache ist eine „Form des Lebens“ — und zwar des miteinander geteiltenLebens, des Zusammenlebens. Offensichtlich lässt sich ähnliches von der Ethik sagen. Gäbe es nicht ein Netz wechselseitiger Abhängigkeiten zwischen Individuen, würde die Vorstellung einer Ethik keinen Sinn ergeben. Ein Einzelwesen, dessen Leben von anderen unberührt ist und das selbst kein anderes Leben beeinflusst, wäre ein nicht-ethisches Wesen. Es wäre weder gut noch böse, weder moralisch noch unmoralisch, denn es geht bei der Ethik nicht darum, was ein Einzelwesen sich selbst, sondern was menschliche Wesen einander antun. Allerdings könnte ein „Einzelwesen“ auch kein menschlichesWesen sein. Wie schon Aristoteles bemerkte, sind nur Bestien oder Engel fähig, ein Leben in Vereinzelung führen. Bei einem Sein*, das nicht (wie Martin Heidegger es ausdrückte) ursprünglich Mitsein*ist, handelt es sich um eine Widersinnigkeit. Es ist das Mitsein, das jenes Sein konstituiert, und es gibt kein Sein, das nicht schon Mitseinist. Man kann daher sagen, dass potentiell alles ethisch ist: Die notwendige Bedingung für die Moralität des Menschen-in-der-Welt war — ist — erfüllt, unabhängig davon, wann (und ob überhaupt) Konzepte von „gut“ und „böse“ entwickelt und ein Moralkodex schriftlich fixiert wurden.
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Bauman, Z. (2000). Ethics of Individuals. In: Kron, T. (eds) Individualisierung und soziologische Theorie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10334-9_11
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