FormalPara Originalpublikation

Latenstein AEJ, Mackay TM, Beane JD (2021) The use and clinical outcome of total pancreatectomy in the United States, Germany, the Netherlands and Sweden. Surgery. https://doi.org/10.1016/j.surg.2021.02.001

FormalPara Hintergrund.

Lokal fortgeschrittene Pankreastumoren oder das gesamte Organ betreffende Präkanzerosen können eine totale Pankreatektomie erfordern. Nach Analyse bundesweiter Krankenhausabrechnungsdaten beträgt die postoperative Mortalität nach Pankreaseingriffen in Deutschland 7 % [1], die Krankenhaussterblichkeit nach totaler Pankreatektomie mehr als 20 % [2]. Latenstein et al. unterzogen nun die Häufigkeit, Komplikationen und klinischen Ergebnisse der totalen Pankreatektomie einem internationalen Vergleich.

FormalPara Methoden.

Daten von Patienten mit einzeitiger totaler Pankreatektomie wurden aus Registern chirurgischer Fachgesellschaften einzelner Länder rekrutiert. Insgesamt wurden 663 Fälle aus den USA, 538 aus Deutschland, 120 aus den Niederlanden und 258 aus Schweden analysiert. Primäre Ergebnisparameter waren die Rate schwerer Komplikationen und die Krankenhaussterblichkeit. Als Maß für die Häufigkeit der Anwendung totaler Pankreatektomien wurde deren Ratio im Verhältnis zu partiellen Pankreatoduodenektomien errechnet.

FormalPara Ergebnisse.

Die Rate schwerer Komplikationen nach totaler Pankreatektomie betrug im Gesamtkollektiv 27 % und war in Deutschland (35 %) und den Niederlanden (38 %) deutlich höher als in den USA (22 %) oder Schweden (16 %). Gleiches gilt für die Krankenhaussterblichkeit, die in Deutschland und den Niederlanden bei 10–11 % lag, in den USA und Schweden jedoch knapp unter 2 %. Bemerkenswerterweise war die Häufigkeit totaler Pankreatektomien im deutschen und schwedischen Kollektiv gegenüber dem amerikanischen oder holländischen Kollektiv um den Faktor 5 erhöht.

Kommentar

Bemerkenswert ist die im internationalen Vergleich hohe Rate totaler Pankreatektomien in Deutschland. Allerdings mag sich die uneinheitliche Erfassung der Datensätze und ihre dadurch begrenzte Vergleichbarkeit limitierend ausgewirkt haben. Tatsächlich erfasst das deutsche Register etwa 20 % aller im Land durchgeführten Pankreaseingriffe, während diese Rate in den amerikanischen, holländischen und schwedischen Registern mit zwei Dritteln (USA) oder sogar um 90 % (Niederlande, Schweden) angegeben wird.

Im Vordergrund steht die Frage nach Ursachen für die in Deutschland erhöhte Krankenhaussterblichkeit nach totaler Pankreatektomie. Wie von den Autoren dargelegt ist das frustrane Management schwerer postoperativer Komplikationen („failure to rescue“) von Bedeutung. Partiell mag dies der inkomplett vollzogenen Konzentrierung an High-volume-Zentren anzulasten zu sein. Darüber hinaus erscheinen uns technische Aspekte bedeutsam, welche anhand derzeit vorliegender Datenkollektive nicht hinreichend analysierbar sind. Diesbezügliche Untersuchungen zeigen, dass der technische Umfang der totalen Pankreatektomie die Mortalität signifikant beeinflusst [3]. Ein weiterer Aspekt ist das Risiko von hämorrhagischer Infarzierung und Perforation des Magens nach Dissektion sämtlicher drainierender Gefäße ohne adäquate venöse Rekonstruktion. Mithin scheint zu Zwecken der wissenschaftlichen Vergleichbarkeit und zur prä- und intraoperativen Risikoabwägung eine einheitliche Klassifikation notwendig, in der zwischen der Standard-totalen Pankreatektomie, der totalen Pankreatektomie mit portalvenöser Resektion, multiviszeraler totaler Pankreatektomie und totaler Pankreatektomie mit arterieller Resektion unterschieden wird.