Das kolorektale Karzinom (CRK) ist mit einer Inzidenz von 30 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr in Europa bei Frauen das zweit- und bei Männern das dritthäufigste Karzinom. Es hat unter den Krebserkrankungen nach dem Bronchialkarzinom die zweithöchste Mortalität. In Europa erkrankten im Jahr 2018 Jahr knapp 500.000 Menschen am kolorektalen Karzinom; über 240.000 sterben daran [1]. Das Lebenszeitrisiko, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken, beträgt rund 6 %. Ab dem 50. Lebensjahr nimmt die Rate der Neuerkrankungen deutlich zu. Der Altersgipfel liegt um das 65. bis 75. Lebensjahr.

Die Inzidenz des kolorektalen Karzinoms ist bei Männern höher als bei Frauen.

Die überwiegende Mehrheit der kolorektalen Karzinome entwickeln sich über einen langen Zeitraum aus einer gutartigen Vorläuferläsion (Abb. 1). Dieser Entwicklungsprozess erfolgt entlang zweier verschiedener Karzinogenesewege, der klassischen Adenom-Karzinom-Sequenz und dem sog. serratierten Karzinogeneseweg.

Abb. 1
figure 1

Schematische Darstellung der kolorektalen Karzinogenese und des Prinzips der Vorsorge. Das kolorektale Karzinom (CRK) entwickelt sich in einem langjährigen, asymptomatischen Prozess aus gutartigen Vorläuferläsionen. Durch die Detektion präkanzeröser Vorstufen und asymptomatischer Frühkarzinome wird die Inzidenz/Mortalität reduziert. Die häufigen, jedoch harmlosen isolierten winzigen Polypen <6 mm haben kaum ein relevantes Krebsrisiko (links). Symptomatische Spätstadien profitieren weitaus weniger von der Vorsorge (rechts)

Adenomatösen Polypen

Etwa 75–80 % der kolorektalen Karzinome entstehen aus sog. konventionellen adenomatösen Polypen entlang der Adenom-Karzinom-Sequenz über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren. Entscheidend für das Potenzial zu entarten sind der Grad der Dysplasie und die histologische Zusammensetzung. Während tubuläre Adenome nur ein sehr geringes Entartungsrisiko aufweisen, nimmt das Risiko mit dem Anteil villöser Komponenten zu. High-grade-Dysplasien, villöse Anteile und damit das Entartungsrisiko nehmen dabei mit der Größe der Adenome zu.

Bei Adenomen zwischen 1 und 2 cm liegt das Risiko bei ca. 1 % [2]. Bei Adenomen <1 cm sind invasive CRK sehr selten. Die CRK-Prävalenz bei Läsionen <6 mm geht gegen 0 und liegt bei Läsionen von 6–9 mm Größe noch immer deutlich unter 1 % [3]. In einer rezenten Analyse wurde in über 42.000 Polypen <1 cm gar kein Karzinom gefunden [4]. Diese kleinen Adenome sind in der Vorsorgepopulation zudem sehr häufig. Nicht nur entarten sie sehr selten; selbst wenn dies geschieht, ist die Zeit bis zur Entwicklung eines Karzinoms sehr lang.

Als fortgeschrittene Adenome werden adenomatöse Läsionen bezeichnet, die entweder größer als 10 mm sind oder mehr als 25 % villöse Anteile oder eine hochgradige Dysplasie aufweisen. In diesem Stadium sind die Läsionen noch immer gutartig, haben aber ein deutlich höheres Entartungspotenzial. Für das Konzept der CRK-Vorsorge stellen fortgeschrittene Adenome somit die ideale Zielläsion dar [5]. Vorsorgeuntersuchungen sind gerade dann effektiv, wenn sie die fortgeschrittenen Adenome und frühen Karzinome mit hoher Sensitivität detektieren (Abb. 1). In einer Vorsorgepopulation sind diese Läsionen allerdings selten und treten mit einer Prävalenz von 5,6 % auf, wobei knapp 90 % der fortgeschrittenen Adenome ≥10 mm sind [6]. Fortgeschrittene Adenome und Karzinome werden unter dem Begriff fortgeschrittene Neoplasien zusammengefasst.

Serratierte Läsionen

Etwa 20–25 % der CRK entwickeln sich aus serratierten Polypen über einen alternativen Weg, dem sog. „serrated pathway“ [7, 8]. Unter den serratierten Läsionen haben die häufigeren sessilen serratierten Polypen (SSP) die größte präkanzeröse Bedeutung. Allerdings dürfte das Entartungsrisiko entgegen früherer Annahmen ähnlich gering wie bei den konventionellen Adenomen sein und ebenfalls mit der Größe der Läsionen zunehmen. Das Zeitintervall beträgt auch hier viele Jahre, möglicherweise ist es noch größer als bei der Adenom-Karzinom-Sequenz. SSP sind typischerweise im proximalen Kolon lokalisiert. Sie haben eine flache oder sessile Morphologie und sind endoskopisch aufgrund einer nicht verstärkten oberflächlichen Vaskularisation und einer oberflächlichen Mukusschicht schwerer zu erkennen als konventionelle Adenome. Aufgrund ihrer unscheinbaren Morphologie stellen sie für diagnostische Verfahren eine Herausforderung dar. So wird vermutet, dass serratierte Läsionen ursächlich für den geringeren protektiven Effekt der optischen Koloskopie (OC) bei rechtsseitigen CRK sind. Sie werden auch für einen Teil der sog. Intervallkarzinome nach erfolgter Vorsorge-OC verantwortlich gemacht [9].

Prinzip der Vorsorge

Aufgrund des Umstands, dass sich Dickdarmkarzinome in einem Jahre bis Jahrzehnte dauernden Prozess aus gutartigen Vorläuferläsionen entwickeln, ist das Zeitfenster sehr lang, in dem präkanzeröse Polypen sowie Frühkarzinome durch Untersuchungen erfasst und damit rechtzeitig behandelt werden können.

Unter Kolonkarzinomvorsorge-Screening versteht man somit die Detektion präkanzeröser Vorstufen sowie von CRK-Frühstadien in asymptomatischen, klinisch zunächst gesunden Individuen ohne entsprechende Anamnese, um die CRK-Inzidenz und -Mortalität zu senken (Abb. 1).

Die endoskopische Entfernung gutartiger Vorläuferläsionen verhindert die Entstehung eines Karzinoms, somit kommt ihr ein präventiver Effekt zu [10].

Auch die Diagnose invasiver Karzinome im asymptomatischen Frühstadium erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine kurative Therapie noch möglich ist. Diese sog. Früherkennung führt daher zur Reduktion der Mortalität (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Frühkarzinom im Zökum bei einer asymptomatischen Vorsorgepatientin nach vorangegangener inkompletter Koloskopie. a Endoluminale 3‑D-Ansicht: ovaläre polypoide Läsion mit glatter Oberfläche an einer zökalen Falte (Pfeil). Mitabgebildet die Ileozökalklappe (*). b Koronares 2‑D-Bild: homogene weichteildichte Struktur der polypoide Läsion (Pfeil) mit geringgradigen oberflächlichen Kontrastmittelansammlungen. Weiter aboral ist die Ileozökalklappe (*). c In der Koloskopie ließ sich die Läsion durch Unterspritzung nicht abheben. Dieses „non-lifting sign“ weist auf ein Karzinom hin

Ausgehend von diesen beiden Grundprinzipien sollte das primäre Ziel der CRK-Vorsorge daher vor allem die präventive Detektion und Entfernung präkanzeröser kolorektaler Polypen sein, um ihre weitere Progression und somit die Entstehung eines Dickdarmkarzinoms durch Entfernung zu verhindern.

Spektrum der Vorsorgeuntersuchungen

Vorsorgeuntersuchungen basieren entweder auf der direkten bildgebenden Darstellung kolorektaler Polypen oder Karzinome, wie beispielsweise bei endoskopischen und radiologischen Verfahren, oder auf der Detektion von Blutbestandteilen im Stuhl oder Tumor-DNA-Fragmenten im Blut (Tab. 1).

Tab. 1 Sensitivität verschiedener Vorsorgeuntersuchungen für fortgeschrittene Neoplasien. (Mod. nach [69])

Stuhl- oder Bluttests

Prinzipiell wären Stuhl- oder Bluttests ideale Vorsorgeuntersuchungen. Sie sind nicht invasiv, bedürfen keiner Vorbereitung, sind für Patienten nicht unangenehm und haben keine Komplikationsrate.

Die bekannten Stuhltests wie der „fecal occult blood test“ (FOBT) und der „fecal immunochemical test“ (FIT) basieren auf der Tatsache, dass kolorektale Karzinome häufig bluten. Die Detektion von Blutabbauprodukten in Stuhlproben zielt daher primär auf die Detektion von Karzinomen ab, also nicht auf deren Vorstufen. Die regelmäßige Anwendung des FOBT führt zur Reduktion der CRK-Mortalität um ca. 15–18 % dank Erkennung des Kolonkarzinoms in einem früheren Stadium [11]. Allerdings werden mit diesen Tests bis zu zwei Drittel der Karzinome nicht oder erst im Spätstadium erkannt. Die Detektionsrate für fortgeschrittene Adenome ist sehr gering. Für den FIT liegt sie beispielsweise zwischen 22 und 40 % [12].

Neue Bluttests, wie beispielsweise der Septin9-Assay-Test, zielen auf die Detektion von Tumor-DNA-Fragmenten in Blutproben ab. Diesem Funktionsprinzip entsprechend, zielen sie auf die Detektion kolorektaler Karzinome mit einer publizierten Sensitivität von 48 % ab. Allerdings ist auch ihre Sensitivität mit 11 % für präkanzeröse Polypen unzureichend [13].

Stuhl- oder Bluttests eigenen sich somit zur Früherkennung von Karzinomen. Ihr Beitrag zur Krebsprävention ist jedoch gering.

Endoskopische Verfahren

Flexible Sigmoidoskopie

Die flexible Sigmoidoskopie erlaubt eine direkte Visualisierung des Rektums und Sigmas mit der Möglichkeit der endoskopischen Abtragung detektierter Polypen. Eine einmalig durchgeführte flexible Sigmoidoskopie führt zu einer Reduktion der Inzidenz und Mortalität distaler kolorektaler Karzinome um 35 bzw. 43 % [14]. Höhere Darmabschnitte können jedoch nicht eingesehen werden, weshalb Pathologien in diesen Segmenten nicht erfasst werden.

Koloskopie

Die Koloskopie ist ein invasives endoskopisches Verfahren, das die direkte Visualisierung des gesamten Dickdarms erlaubt. Sie gilt als der Goldstandard und bietet als einziges Verfahren die Möglichkeit der Diagnose und Therapie, d. h. des Nachweises und der endoskopischen Abtragung neoplastischer Läsionen in einer einzelnen Untersuchung. Die komplette Koloskopie besitzt die höchste Sensitivität für das Auffinden kolorektaler Adenome aller Größen [3]. Für fortgeschrittene Adenome ≥10 mm liegt sie bei 89–98 % [12]. Üblicherweise werden bei einer Koloskopie alle gefundenen Polypen endoskopisch entfernt, unabhängig von deren Größe und dem damit verbundenen Risiko. Um die Untersuchung für Patienten weniger belastend zu gestalten, wird die Darmspiegelung optional unter Kurzzeitnarkose durchgeführt.

Die Untersuchung ist invasiv und kann selten zu Komplikationen führen. In einer rezenten Metaanalyse wurde die Rate von Perforationen und Blutungen mit 0,5 bzw. 2,6 pro 1000 Untersuchungen angegeben. Die Mortalitätsrate liegt bei 2,9 pro 100.000 Koloskopien [15]. Das Risiko dieser Komplikationen ist höher, wenn eine Polypektomie durchgeführt wurde. Allerdings ist es unmöglich, die tatsächliche Rate an Perforationen bei der OC zu bestimmen, da nachfolgend keine routinemäßige CT-Bildgebung zur Darstellung asymptomatischer okkulter Perforationen durchgeführt wird [16]. Neben direkt untersuchungsbedingten Ereignissen sind auch Komplikationen infolge von Sedierung wie respiratorische Depression oder Aspiration möglich.

Radiologische Verfahren zur Untersuchung des gesamten Dickdarms

Kolonkontrasteinlauf

Der Kolonkontrasteinlauf (KE) ist eine traditionelle radiologische Technik zur Darstellung des gesamten Kolons. In den letzten Jahren kommt sie jedoch immer seltener zum Einsatz. Durch die projektionsradiographische Technik ist die Untersuchung methodisch limitiert und der CTK in der Detektion fortgeschrittener kolorektaler Neoplasien deutlich unterlegen [17]. Sie wird von Patienten weniger gut toleriert und weist auch eine höhere Strahlenbelastung als die CTK auf [18]. Hinzu kommt aufgrund sinkender Untersuchungszahlen ein steter Verlust an Expertise der Radiologen in der Durchführung dieser Methode und ihrer Befundung. Gemäß aktueller europäischer Richtlinien wird diese Untersuchung zur Detektion kolorektaler Neoplasien nicht mehr empfohlen [19]. Sie findet sich nicht mehr in den aktuellen CRK-Screening-Empfehlungen der U. S. Preventive Services Task Force (USPSTF; [20]).

CT-Kolonographie

Die CT-Kolonographie (CTK), auch virtuelle Koloskopie genannt, ist eine radiologische Untersuchung, die nichtinvasiv eine intraluminale Darstellung des gesamten Dickdarms erlaubt. Sie beruht auf der Anfertigung einer CT des Abdomens, wobei das Kolon zuvor mittels Laxantien gereinigt und mit Gas distendiert wird. Die akquirierten CT-Bilddaten werden dann mittels einer Auswertesoftware zu zwei- und dreidimensionalen Ansichten verarbeitet (Abb. 3). So können neben der konventionellen Analyse der zweidimensionalen Schnittbilder auch dreidimensionale virtuelle Bilder des Dickdarmlumens evaluiert werden, ohne ein Endoskop in den Darm einbringen zu müssen.

Abb. 3
figure 3

Fortgeschrittenes Adenom (1,5 cm) im Rektum. a Endoluminale 3‑D-Ansicht: sessiler ovalärer Füllungsdefekt an einer transversalen rektalen Falte (Pfeil). b Korrespondierendes axiales 2‑D-Bild: homogene, weichteildichte Struktur (Pfeil)

Untersuchungstechnik

Die CTK-Untersuchungstechnik umfasst Darmvorbereitung und Distension, CT-Scan und Auswertung. Sie sind in den Richtlinien der ESGAR und ACR zusammengefasst [21, 22].

Die gesamte Darmvorbereitung sollte auf 24 h begrenzt werden. Sie beginnt mit einer reinen Flüssigkeitsdiät zur Reduktion des Volumens und der Heterogenität des Stuhls am Tag vor der Untersuchung. Alternativ kann auch eine faserarme Diät durchgeführt werden, mit dem Nachteil größerer Mengen an residualem Darminhalt.

Am Nachmittag vor der Untersuchung wird ein Laxans verabreicht, das eine vollständige Darmreinigung erlaubt. Häufig verwendete Laxantien sind 2 l Polyethylenglycollösungen, Magnesiumcitrat oder Natrium-Piccolsulfat. Am Abend vor der Untersuchung werden noch 50 ml jodhaltiges Kontrastmittel (KM) zum „fecal tagging“ getrunken. Dadurch kommt es zur Kontrastierung residualen Darminhalts, wodurch einerseits weichteildichte Läsionen innerhalb von hyperdenser, residualer Flüssigkeit erkennbar und andererseits hyperdense, polypoide Stuhlreste leicht identifizierbar werden (Tab. 2). Diese Technik hat sich als so vorteilhaft erwiesen, dass keine Untersuchung mehr ohne „fecal tagging“ durchgeführt werden sollte (Abb. 4).

Tab. 2 Untersuchungsprotokoll für eine Vorsorge mittels CT-Kolonographie an einem 64-Zeilen-CT
Abb. 4
figure 4

Effekt von „fecal tagging“. a Axiales 2‑D-Bild in Bauchlage: weichteildichte polypoide Läsion (Pfeil) im Zökum. Die Läsion ist innerhalb der hyperdensen „getaggten“ Flüssigkeit sehr gut erkennbar. b Axiales 2‑D-Bild eines anderen Patienten ohne „fecal tagging“: Rektum teilweise mit residualer Flüssigkeit gefüllt. Die flache Läsion an der linken Rektumwand (Pfeil) ist trotz der i.v.-Kontrastmittelapplikation nur sehr schlecht abgrenzbar

Strategien zur laxantienfreien Koloskopie basieren auf der alleinigen oralen Gabe von meist jodhaltigem Kontrastmittel. Sie sind zwar für Patienten komfortabler, aber die Detektionsrate auch großer Polypen ist schlechter [23].

Um den Dickdarm endoluminal einsehen zu können, ist die Distension des Kolons mittels Luft oder CO2 notwendig. Der Dickdarm gilt als ausreichend distendiert, wenn alle Segmente in zumindest einer, jedoch idealerweise in beiden CT-Scanpositionen komplett entfaltet sind. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, die immer erfüllt sein sollte. Sie lässt sich einfach vor dem CT-Scan mittels eines Topogramms kontrollieren. Sind einzelne Segmente in beiden Positionen nicht entfaltet, ist die Untersuchung unvollständig. Zur Abhilfe kann eine weitere CT-Serie in Niedrigdosistechnik in Seitenlage akquiriert werden.

Der CT-Scan erfolgt in zwei Scanpositionen (Dual Positioning), standardmäßig in Rücken und Bauchlage, wobei alternativ zur Bauchlage auch eine Rechtsseitenlage gewählt werden kann. Das verbessert die Visualisierung des gesamten Kolons und ist neben der Detektion auch für die Interpretation suspekter Befunde hilfreich. Beide CT-Scans erfolgen nativ in Niedrigdosistechnik. Das wird meist durch Reduktion des Röhrenstroms oder der Röhrenspannung, den Einsatz von automatischer Dosismodulation und iterativer Rekonstruktion erreicht (Tab. 2).

Die i.v.-KM-Applikation ist für die Dickdarmevaluation nicht notwendig. Bei Vorsorgeuntersuchungen ist sie nicht indiziert. Bei entsprechender Fragestellung zur Darstellung der extrakolischen Organe wird i.v.-KM in portalvenöser Phase appliziert.

Die Bilddaten beider CT-Scans werden mittels einer CTK-Auswertsoftware ausgewertet, die eine kombinierte 2‑D- und 3‑D-Bildanalyse erlaubt. Diese kombinierte Auswertung ist der alleinigen Auswertung von 2‑D-Bildern überlegen. Obwohl 3‑D-Auswertungen von manchen Untersuchern als zeitaufwändig und wenig vorteilhaft erachtet werden, haben Studienergebnisse im Rahmen des English Bowel Cancer Screening Programme die Bedeutung der 3‑D-Analyse hervorgehoben. Radiologische Abteilungen, die 3‑D-Bilder in der Analyse verwendeten, erzielten signifikant bessere Ergebnisse als Abteilungen, deren Befundung allein auf 2‑D-Bildanalysen beruhte [24]. Aus diesem Grund wird die gemeinsame Auswertung von 2‑D- und 3‑D-Ansichten empfohlen [21, 22].

Grundlegende CTK-Befundkriterien kolorektaler Neoplasien

Eine detaillierte Beschreibung der CTK-Morphologie kolorektaler Befunde findet sich an anderer Stelle [25]. Zusammengefasst werden Läsionen des Kolons anhand ihrer Morphologie, der inneren Struktur und der Lagestabilität in den verschieden Scanpositionen charakterisiert. Sessile Polypen zeigen sich in dreidimensionalen Bildern als halbkugelförmige, meist runde bzw. ovale oder lobulierte Füllungsdefekte des Kolons (Abb. 3).

Bei gestielten Polypen ist der meist rundliche bis lobulierte Polypenkopf über einen länglichen Stiel mit der Darmwand verbunden (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Gestielter Polyp im Colon sigmoideum. a Die endoluminale 3‑D-Ansicht zeigt den Polypenkopf (Pfeil), der über einen Stiel mit der Darmwand verbunden ist. b Das korrespondierende axiale 2‑D-Bild zeigt die homogene, weichteildichte Struktur (Pfeil) der Läsion

Flache Läsionen des Kolons stellen sich hingegen als plaqueförmige Verdickungen der Darmwand dar. Sie können auch zu einer spindelförmigen Verbreiterung semilunarer Falten führen (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Flaches, villöses Adenom im Zökum. a Die endoluminale 3‑D-Ansicht zeigt eine flache, erhabene Läsion mit nodulärer Oberfläche (Pfeil) auf einer semilunaren Falte. Mitabgebildet ist die Ileozökalklappe (*). b Das korrespondierende axiale 2‑D-Bild zeigt eine spindelförmige Verbreiterung der Falte mit homogener, weichteildichter Struktur (Pfeil). Zu beachten ist der Kontrastmittelbelag „contrast coating“ an der Oberfläche

Bei kolorektalen Karzinomen liegt entweder eine fokale, polypoide Raumforderung oder eine asymmetrische semizirkuläre oder zirkuläre, stenotische Wandverdickung vor (Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

Zirkulär stenosierendes Sigmakarzinom. a Die endoluminale 3‑D-Ansicht zeigt eine zirkuläre Raumforderung mit irregulärer Oberfläche und Schulterformation (Pfeil). b Das korrespondierende axiale 2‑D-Bild zeigt die zirkuläre Wandverbreiterung mit homogener, weichteildichter Struktur (Pfeil)

Auf 2‑D-Bildern sind Polypen und Karzinome weichteildicht mit einer homogenen Struktur.

Da Neoplasien des Kolons der Darmwand entspringen, bleibt ihre relative intraluminale Position beim Wechsel der Scanpositionen konstant, während sich residuale Stuhlreste fast immer entsprechend der Schwerkraft im Kolonlumen bewegen.

Eine computertomographische Differenzierung zwischen neoplastischen und den zahlreichen nichtneoplastischen Polypen sowie zwischen den einzelnen histologischen Subtypen der Polypen ist technisch nicht möglich. Die Polypengröße ist somit der wichtigste radiomorphologische Faktor zur Einschätzung der klinischen Relevanz von Polypen.

Performance bei der Detektion kolorektaler Neoplasien

Die Leistungsfähigkeit der CTK wurde in zahlreichen Studien evaluiert [17, 23, 26,27,28,29,30,31,32,33,34,35]. Sie ist der beste radiologische Test zur Detektion kolorektaler Neoplasien, und sie ist dem KE deutlich überlegen [17, 19]. Ihre Detektionsrate für kolorektale Karzinome und große Polypen ist mit derjenigen der optischen Koloskopie vergleichbar, und zwar sowohl bei symptomatischen Patienten als auch in einem Vorsorge-Patientengut [12, 34, 35]. Die Detektionsrate für fortgeschrittene Adenome ≥10 mm liegt bei 67–94 % [12]. Für Polypen kleiner als 1 cm ist sie geringer als bei der Koloskopie, diese sind aber klinisch weniger relevant.

Die Leistungsfähigkeit der CTK bei der Detektion serratierter Adenome wurde als Limitation der Methode angeführt [36]. Diese Läsionen sind entgegen dieser früheren Analyse allerdings mit der CTK detektierbar. Die Prävalenz serratierter Adenome >6 mm bei der Vorsorge mittels CTK ist mit 3,1 % ähnlich der Prävalenz in der Koloskopie für die gleiche Größenkategorie [37]. In der untersuchten Population waren diese Läsionen groß, mit flacher Morphologie und proximaler Lokalisation (Abb. 8). Bei Anwendung von „fecal tagging“ findet sich oft an der Oberfläche der Läsionen ein Kontrastmittelbelag. Man bezeichnet dies als „contrast coating“; es hilft in der CT bei der Detektion flacher Läsionen (Abb. 6 und 8). Dafür spricht auch, dass die Rate an Intervallkarzinomen nach einer unauffälligen CT-Kolonographie gemäß einer rezenten Metaanalyse mit 4,42 % ähnlich jener der Koloskopie (3,7 %) ist [38, 39].

Abb. 8
figure 8

Flaches serratiertes Adenom neben der Ileozökalklappe. a Die endoluminale 3‑D-Ansicht zeigt eine flache, nur gering erhabene Läsion mit einer zentralen Depression (Pfeil) neben der Ileozökalklappe (*). b Das korrespondierende axiale 2‑D-Bild zeigt die geringe plaqueförmige Wandverdickung mit weichteildichter Struktur und oberflächlichem „contrast coating“ (Pfeil)

Vorteile der CTK

Betrachtet man die Optionen zur CRK-Vorsorge in Bezug auf Invasivität und auf ihr Potenzial zur CRK-Prävention, so nimmt die CTK eine Position in der goldenen Mitte ein (Abb. 1). Sie vereint die Vorteile der Nichtinvasivität mit einem hohen Potenzial zur CRK-Prävention. Die CTK hat eine sehr hohe Sensitivität für die Detektion von fortgeschrittenen Neoplasien des Kolons. Sie ist der optischen Koloskopie ebenbürtig und den stuhlbasierten Tests deutlich überlegen [12]. Da die intraluminale Bildgebung auf der Gasdistension des Darms beruht, ist eine vollständige Darstellung des gesamten Dickdarms nahezu immer möglich. Obwohl bei der CTK keine Sedierung durchgeführt wird, ziehen im Hinblick auf den Patientenkomfort viele Patienten die CTK der OC vor [40].

Grundsätzlich werden alle Polypen ≥6 mm im Befund dokumentiert. Gemäß europäischer interdisziplinärer Empfehlungen wird eine nachfolgende endoskopische Polypektomie empfohlen [19]. Allerdings weisen auch neuere Ergebnisse aus In-vivo-Verlaufskontrollen von Polypen zwischen 6 und 9 mm auf das benigne Potenzial von Läsionen dieser Größenkategorie hin [8]. Diese Erkenntnisse unterstützen den interdisziplinär kontrovers diskutierten Vorschlag, einzelne kleine Polypen zwischen 6 und 9 mm Größe nicht immer zwingend zu entfernen, sondern im Intervall zu kontrollieren [41].

Die sehr häufigen, jedoch harmlosen isolierten winzigen Polypen <6 mm werden mit der CTK nicht ausreichend genau erfasst. Einerseits werden manche kleine Polypen nicht ausreichend erkennbar dargestellt und somit leicht übersehen, andererseits können zahlreiche kleine Strukturen als Polypen fehlinterpretiert werden. Deswegen wird empfohlen, solche Läsionen nicht oder nur bei hoher Befundsicherheit zu dokumentieren (Abb. 9; [21, 41]). Hinzu kommt, dass 30–50 % der Bevölkerung Polypen <6 mm haben. Die Mehrheit dieser winzigen Läsionen sind sog. nichtadenomatöse Polypen, von denen kein relevantes Karzinomrisiko ausgeht [2]. Aus den überwiegend tubulären Adenomen entwickelt sich innerhalb eines Vorsorgeintervalls wohl kaum jemals ein Karzinom [4]. Die systematische endoskopische Abtragung und histologische Aufarbeitung dieser sehr häufigen, jedoch klinisch nicht relevanten Veränderungen wäre nicht nur kostenintensiv, sondern würde auch das Komplikationsrisiko steigern. Sie wird auch in der endoskopischen Literatur teilweise kontrovers diskutiert [42].

Abb. 9
figure 9

Sessiler Polyp (5 mm) im Colon transversum mit hoher Befundsicherheit. a Die endoluminale 3‑D-Ansicht zeigt einen kleinen sessilen rundlichen Füllungsdefekt (Pfeil). b Das korrespondierende axiale 2‑D-Bild zeigt eine homogene, weichteildichte Struktur (Pfeil)

Extrakolische Befunde

Bei der CTK werden neben dem Kolon und Rektum auch das gesamte Abdomen und Becken sowie die basalen Thoraxabschnitte miterfasst. Obwohl die Beurteilung dieser extrakolischen Strukturen aufgrund der Niedrigdosisprotokolle ohne i.v.-Kontrastmittelapplikation nur eingeschränkt möglich ist, werden bei 27–69 % der Patienten Befunde außerhalb des Kolons erkannt [12]. Die überwiegende Mehrheit (84–89 %) dieser Befunde sind allerdings anatomische Varianten oder klinisch irrelevante Nebenbefunde, wie beispielsweise simple Nieren- oder Leberzysten, die wie bei jeder anderen abdominalen Bildgebung keiner weiteren Abklärung und Therapie bedürfen [43].

Die Rate an fraglich irrelevanten und potenziell relevanten Befunden, die einer weiteren Abklärung oder Therapie bedürfen, ist mit 11–16 % deutlich geringer.

Potenziell klinisch relevante Befunde sind sehr selten und finden sich lediglich in 2–3 % aller Vorsorge-CTK-Untersuchungen, von denen in weiterer Abklärung auch knapp 70 % als relevante Pathologien bestätigt werden [44]. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Aneurysmen und maligne Tumoren außerhalb des Kolons.

Beachtenswert ist, dass die Inzidenz extrakolischer Malignome in der Vorsorge-CTK mit 1:300 höher ist als die der kolorektaler Karzinome mit 1:500 [45]. Dabei handelt es sich am häufigsten um Nierenzellkarzinome, Bronchuskarzinome und Lymphome in einem frühen asymptomatischen Stadium (Abb. 10). Die Detektion klinisch relevanter extrakolischer Erkrankungen in einem asymptomatischen Frühstadium hat den potenziellen Vorteil, durch eine frühere therapeutische Intervention die Morbidität, Mortalität sowie auch Folgekosten zu reduzieren und damit die Prognose für die Patienten zu verbessern.

Abb. 10
figure 10

Extrakolischer Befund hoher klinischer Relevanz. Das axiale native 2‑D-Bild in Bauchlage zeigt eine exophytische weichteildichte Raumforderung an der linken Niere (Pfeil), einem Nierenzellkarzinom entsprechend. Mitabgebildet eine Zyste an der rechten Niere

Aufgrund der relativ geringen Inzidenz fortgeschrittener Adenome und Karzinome in einer asymptomatischen Vorsorgepopulation kann durch die Miterfassung solcher klinisch relevanter Befunde in Form einer synergistischen Vorsorge Effektivität und Kosteneffizienz der Screening-CTK gesteigert werden [46].

Allerdings wird die Erfassung extrakolischer Befunde auch als Nachteil und als wesentliches Argument gegen den Einsatz in Vorsorgeprogrammen angeführt [19, 20]. Das beruht auf der potenziell unnötigen Beunruhigung der Patienten, dem Komplikationsrisiko und den Folgekosten für ungerechtfertigte weiterführende Abklärungen für nichtsignifikante Befunde sowie auch auf der Diagnose von Tumorerkrankungen im Spätstadium, die davon nicht mehr profitieren.

Bei knapp 90 % der CTK-Vorsorge-Patienten liegen allerdings keine relevanten Pathologien außerhalb des Dickdarms vor, eine Zusatzinformation, die von Patienten als beruhigend erachtet wird [43].

Risikoprofil der CTK

Komplikationen

Die CTK ist eine minimal-invasive und für Patienten sichere Untersuchungsmethode. So wurden bislang keine CTK-assoziierten Todesfälle dokumentiert [16, 47]. Die CTK-assoziierten Perforationsraten bei asymptomatischen Vorsorgepatienten sind sehr gering und liegen gemäß einer aktuellen Studie bei 0,003 % [47]. Damit sind sie in etwa 10-mal geringer als bei der Vorsorgekoloskopie [15]. Dabei ist zu beachten, dass die CTK im Gegensatz zur OC auch asymptomatische Perforationen mit kleinsten extraluminalen Luftansammlungen dokumentiert, die keiner Behandlung bedürfen [16].

Bei Untersuchungen symptomatischer Patienten mit klinischen Indikationen liegt die Perforationsrate allerdings mit 0,014–0,0195 % höher [47, 48]. Sie ist etwa 9‑mal geringer als bei der OC [15].

Die meisten CTK-assoziierten Perforationen sind asymptomatisch und bedürfen nur selten einer chirurgischen Intervention [16, 49]. Vagovasale Synkopen treten im Zuge der CTK mit einer Häufigkeit von 0,11–0,16 % auf und erfordern in der Regel keine medizinische Behandlung. Aufgrund der deutlich kürzeren Untersuchungsdauer sind sie wesentlich seltener als bei der OC [50].

Eine i.v.-Sedierung oder Schmerzmedikation ist nicht notwendig. Patienten benötigen nach der Untersuchung keine Erholungszeit und können umgehend ihren alltäglichen Tätigkeiten nachgehen. Sofern nicht das Spasmolytikum Hyoscin-N-butylbromid (Buscopan®) verabreicht wurde, können Patienten umgehend nach der Untersuchung selbst mit dem Auto fahren.

Strahlenbelastung

Ionisierende Strahlung kann bösartige Tumoren induzieren. Das Ausmaß des theoretischen Risikos durch bildgebende Diagnostik wird allerdings nur als sehr gering angenommen [51]. Bei der CTK erlaubt die sehr hohe Dichtedifferenz zwischen dem Weichteilgewebe der Darmwand einschließlich ihrer Pathologien und dem gasgefüllten Darmlumen für die 2‑D- und 3‑D-Darstellung des Kolons die Anwendung äußerst dosissparender Untersuchungsprotokolle. Gemäß einer Risiko-Nutzen-Analyse verhindert man durch Vorsorge mittels CTK in einem 5‑Jahres-Intervall bei Patienten zwischen 50 und 80 Jahren pro strahleninduziertem Malignom 24–25 kolorektale Karzinome [52]. Berücksichtigt man aber, dass diese Berechnung auf den Untersuchungsprotokollen der ACRIN-Studie 2008 mit einer effektiven Dosis von 8 mSv und für Frauen und 7 mSv für Männer beruht und gemäß einer europäischen Erhebung die effektive Dosis 2012 bei 4,4 mSv lag und in den letzten Jahren noch weiter reduziert wurde, so verschiebt sich dieses Verhältnis noch viel stärker zugunsten der CTK-Vorsorge [29, 53]. Seitens der radiologischen Fachgesellschaften wird die routinemäßige Anwendung von Niedrigdosisprotokollen und von iterativer Rekonstruktion empfohlen, wodurch sich problemlos effektive Dosiswerte von unter 3 mSv erreichen lassen [21, 22]. Dies ist ein Wert, der vielerorts unter der natürlichen Hintergrundstrahlung liegt. Mittels iterativer Rekonstruktionstechniken sind jedoch bereits Untersuchungen im Sub-Millisievert-Bereich ohne signifikante Einschränkungen der Bildqualität möglich [54].

Internationale Empfehlungen zum Einsatz der CTK

Die CTK ist die Untersuchung der Wahl nach inkompletter OC sowie bei Patienten, bei denen eine OC kontraindiziert ist [55]. Seitens europäischer interdisziplinärer ESGAR-ESGE Guidelines aus 2014 wird die CTK derzeit allerdings noch nicht für organisierte populationsbasierte Screeningprogramme empfohlen. Das beruht weitgehend auf fehlender Evidenz hinsichtlich der Kosteneffizienz. Allerdings kann die Vorsorge-CTK auf individueller Basis durchgeführt werden, vorausgesetzt der Patient wird über die Testcharakteristika, Vorteile und Risiken ausreichend informiert [55].

Im Gegensatz dazu hat die American Cancer Society bereits 2008 die CTK als präventiven Vorsorgetest in ihren Guidelines aufgenommen [56]. Im Jahr 2016 hat auch die USPSTF die CTK in die Liste der empfohlenen Strategien zur CRK-Vorsorge bei Patienten zwischen 50–75 Jahren inkludiert [20]. Dieser Empfehlung haben sich bereits mehrere amerikanische Krankenversicherer angeschlossen. Die empfohlenen Untersuchungsintervalle liegen bei der CTK bei 5 Jahren [20].

Integration der CTK in Vorsorgeprogramme?

Für den Erfolg eines Vorsorgeprogramms ist auch nicht zuletzt die Teilnahme daran ausschlaggebend. Obwohl das CRK eine durch Präventionsmaßnahmen vermeidbare Erkrankung ist, werden die bereits bestehenden Möglichkeiten zur CRK-Vorsorge in Europa nicht ausreichend in Anspruch genommen [57]. Zwar hat die Teilnahme an opportunistischen Koloskopie-Vorsorgeprogrammen im deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren auf bis zu 20–30 % zugenommen, die Mehrheit der infrage kommenden Individuen nimmt allerdings diese Vorsorgemöglichkeiten nicht in Anspruch [58]. Neben der OC werden meist keine alternativen, präventiv wirksamen Vorsorgeuntersuchungen angeboten. Individuelle Vorbehalte und Ängste der Patienten gegenüber der OC können daher nicht berücksichtigt werden.

Eine der Möglichkeiten zur Steigerung der Compliance besteht darin, verschiedene Optionen zur Vorsorge anzubieten. Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass die Möglichkeit, zwischen zwei Tests (OC und FOBT) zu wählen, die Teilnahme an der Dickdarmkrebsvorsorge erhöht [59]. Eine umfangreiche retrospektive Analyse ergab, dass sich Patienten, deren Krankenversicherung auch die Kosten zur CTK-Vorsorge übernimmt, mit 48 % höherer Wahrscheinlichkeit einer Vorsorgeuntersuchung unterziehen als Versicherte ohne CTK-Option [60]. Beachtenswert ist, dass diese Steigerung der Teilnahme nur zu einem Teil auf zusätzlich durchgeführte CTK-Untersuchungen beruhte, sondern auch auf einer höheren Rate an optischen Koloskopien. Dieser Begleiteffekt ist am ehesten der Beratung durch den zuweisenden Arzt geschuldet, der Patienten, die sich eigentlich für die Vorsorge-CTK interessieren, von der Koloskopie überzeugt. Allerdings hätten knapp 30 % der Patienten, die sich einer CTK zur Vorsorge unterzogen haben, an keiner CRK-Vorsorge teilgenommen, wenn die CTK-Option nicht verfügbar gewesen wäre [61].

Ähnliche Beobachtungen konnten in europäischen randomisierten Studien gemacht werden [23, 27]. Der Einladung zur CRK-Vorsorge mittels CTK folgten signifikant mehr Individuen als der Einladung zur Vorsorge mittels OC. Das bestätigt, dass die Vorsorge-CTK als weniger belastend als die OC wahrgenommen wird [40]. Diese Daten zeigen, dass die CTK als alternative Vorsorgestrategie zur Koloskopie bei vergleichbarer Detektionsrate für fortgeschrittene Neoplasien weitere Patienten zur Vorsorge erreichen kann.

Standardisierung und Qualitätssicherung

Damit die CT-Kolonographie ihr großes Potenzial ausschöpfen kann, bedarf es sowohl der korrekten Durchführung der Untersuchung gemäß fachspezifischen Richtlinien als auch der Auswertung durch einen Radiologen mit entsprechender Qualifikation. Fehler in der Untersuchungstechnik führen zu eingeschränkter Qualität und Aussagekraft der CTK. Aus dem English Bowel Cancer Screening Programme gewonnene Erkenntnisse haben klar gezeigt, dass unzureichende Erfahrung in der spezifischen Auswertetechnik zu Detektions- und Interpretationsfehlern führt [24], mit allen Folgen, wie übersehenen oder falsch-positiven Befunden.

Für die Eingliederung der CTK in ein organisiertes Vorsorgeprogramm müssen analog zur Vorsorgekoloskopie bestimmte Voraussetzungen erfüllt und Rahmenbedingungen geschaffen werden [62]. Das betrifft vor allem die Gewährleistung der Qualität der Untersuchung, der Standardisierung der Untersuchungs- und Auswertetechnik sowie der spezifischen fachlichen Qualifikation der Untersucher. Darüber hinaus müssen Strategien zur Qualitätskontrolle und standardisierten Dokumentation etabliert werden [63].

Limitationen der CTK

Das Ausmaß der klinischen Implementierung sowie auch die Untersuchungszahlen in vielen europäischen Ländern sind nach wie vor vergleichsweise gering. Das betrifft nicht nur den hier thematisierten Einsatz der CTK zur Vorsorge, sondern auch die Verwendung bei diagnostischen Fragestellungen, deren Abklärung in mehreren europäischen Ländern bereits von den Krankenkassen finanziert wird.

Ein nicht unwesentlicher Punkt ist auch die nach wie vor unzureichende Kenntnis der Methode bei zuweisenden Ärzte und Patienten sowie die zögerliche Akzeptanz der Untersuchung durch Endoskopiker [64].

Nicht alle radiologischen Einrichtungen bieten die CT-Kolonographie an oder können diese mit Krankenversicherungen abrechnen. Obwohl Methodik und Auswertung standardisiert sind, ist die CTK im Vergleich zu herkömmlichen CT-Untersuchungen zeitaufwändiger. Hinzu kommt, dass nicht alle Radiologen diese Untersuchungen anbieten oder im klinischen Betrieb befunden [64].

MR-Kolonographie

Im Gegensatz zur CTK ist die Magnetresonanz-Kolonographie (MRC) ein diagnostisches Verfahren in Evaluation [65]. Das betrifft sowohl die Untersuchungstechnik als auch die Evaluation der Leistungsfähigkeit. Die Akquisitionszeiten in der MRT sind länger als bei der CTK, und der Darm wird meist mit Flüssigkeit (Wasser oder Gadolinium markierter Flüssigkeit) oder Gas gefüllt. Diese Rahmenbedingungen können besonders in den engen räumlichen Verhältnissen eines MRT für den Patienten belastend sein [63]. Eine i.v.-KM-Gabe wird als notwendig erachtet, was gegen einen Einsatz bei potenziell Gesunden spricht [66]. Bis heute wurden weitaus weniger Studien zur MRC publiziert. Darin findet man sehr diverse Untersuchungstechniken und weitaus geringere Patientenzahlen. Die Sensitivität für fortgeschrittene Neoplasien ist geringer (in einer rezenten Studie 75 %) als mit der CTK [66]. Der Vorteil der fehlenden Strahlenbelastung hat sich mittlerweile durch den Einsatz von zunehmend dosissparenden CTK-Protokollen sowie iterativen Rekonstruktionstechniken weitgehend relativiert. Derzeit gibt es auch keine Empfehlung internationaler Leitlinien zum routinemäßigen Einsatz der MR-Kolonographie in der Dickdarmkrebsvorsorge.

Diskussion

Unter den radiologischen Verfahren zur Untersuchung des gesamten Dickdarms ist die CTK die am umfangreichsten evaluierte Untersuchung. Heute, 25 Jahre nach der Erstbeschreibung, stellt sie eine ausgereifte und leistungsfähige Methode zur nichtinvasiven Dickddarmdiagnostik und Vorsorge dar. Ihr Fokus liegt auf der Detektion fortgeschrittener Adenome, der idealen Zielläsion für die effektive Krebsvorsorge, bei der die CTK eine gleich gute Sensitivität wie die optische Koloskopie aufweist. Neben dem etablierten Einsatz der CTK nach inkompletter Koloskopie spricht somit viel für ihren Einsatz als Vorsorgeuntersuchung. Die Bereitstellung der CTK als optionale, minimal-invasive Vorsorgemethode neben der optischen Koloskopie kann Patienten erreichen, die einer endoskopischen Vorsorge reserviert gegenüberstehen. Eine solche Option kann dazu beitragen, die immer noch geringe Teilnahme an Programmen zur Dickdarmkrebsvorsorge zu steigern.

Allerdings müssen hierfür nicht nur fachpolitische Vorbehalte überwunden werden, sondern auch die Krankenversicherer zur Kostenübernahme dieser Vorsorgeoption gewonnen werden. Seitens der Radiologie müssen in Anlehnung an bereits etablierte Vorsorgeprogramme Rahmenbedingungen zur Gewährleistung der Untersuchungsqualität und der spezifischen Qualifikation der Untersucher geschaffen sowie Instrumente zur Qualitätskontrolle und Dokumentation etabliert werden.

Fazit für die Praxis

  • Inzidenz und Mortalität des kolorektalen Karzinoms können durch den Einsatz von Vorsorgeuntersuchungen signifikant reduziert werden.

  • Die CTK hat eine hohe Sensitivität für die Detektion von fortgeschrittenen Neoplasien des Kolons. Sie ist vergleichbar hoch wie die der Koloskopie und den stuhlbasierten Tests deutlich überlegen.

  • Die CTK ist eine minimal-invasive, sichere Untersuchung mit einer geringeren Komplikationsrate und höheren Patientenakzeptanz als endoskopische Verfahren.

  • Die Bereitstellung der CTK als optionale nichtinvasive Vorsorgemethode, neben der optischen Koloskopie, kann dazu beitragen, die Teilnahme an Programmen zur Dickdarmkrebsvorsorge zu erhöhen.

  • Für einen Einsatz in organisierten Vorsorgeprogrammen müssen analog zur Vorsorgekoloskopie Instrumente zur radiologischen Qualifikation, Qualitätskontrolle und Dokumentation von Ergebnissen etabliert werden.