Zusammenfassung
Hintergrund
Nach mehreren vergeblichen Anläufen ist 2015 das Präventionsgesetz in Deutschland in Kraft getreten. Als Bundesgesetz regelt es die dem Bund obliegenden Zuständigkeiten und bleibt bzgl. der regionalen Ausgestaltung entsprechend vage. Auf etablierte, aber weitgehend landesgesetzlich geregelte Strukturen wie den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) kann das Gesetz zwar kaum Einfluss nehmen, diese werden jedoch für die Umsetzung des Gesetzes erhebliche Bedeutung haben.
Ziel
Im Rahmen des Artikels wird die mögliche Bedeutung und Rolle des ÖGD für die Umsetzung des Präventionsgesetzes beschrieben. Dabei sollen einerseits die mit einer aktiven Einbindung des ÖGD verbundenen Chancen aufgezeigt, andererseits aber auch die Herausforderungen benannt werden, die für eine von der Sache her gebotene aktive Rolle des ÖGD gemeistert werden müssen.
Ergebnisse
Die aktive Einbindung des ÖGD in die kommunale Umsetzung des Präventionsgesetzes birgt erhebliche Chancen bzgl. Bedarfsgerechtigkeit, Zielgenauigkeit, Intersektoralität und der Generierung von Synergieeffekten. Die diesbezüglichen Stärken des ÖGD zeigen sich in Modellen guter kommunaler Praxis v. a. dort, wo er eine kleinräumige Gesundheitsberichterstattung und eine neutrale, gemeinwohlorientierte kommunale Koordination umsetzt. Diese „potenziellen“ Stärken sind jedoch bei weitem nicht in der Mehrheit aller Kommunen implementiert, d. h. häufig kann der ÖGD diese Public-Health-Aufgaben nicht oder nur eingeschränkt wahrnehmen. Diese Schwäche ist v. a. durch den Spardruck in den öffentlichen Haushalten und das Fehlen eines modernen ÖGD-Leitbilds verursacht. Dies hat zudem zu einer eher berufspolitischen Interessenorientierung beigetragen, welche eine inhaltliche Weiterentwicklung des ÖGD in Richtung einer kommunalen Public-Health-Agentur nicht befördert. Besondere Bedeutung für eine gelingende Einbindung kommt den aktuell verhandelten Landesrahmenvereinbarungen und der dort eingenommenen Rolle der Sozialversicherungsträger zu. Anzustreben wäre, dass die kommunale Sozial- und Gesundheitsberichterstattung sowie eine Koordinationsfunktion in den Landesrahmenvereinbarungen verankert werden.
Abstract
Background
After several unsuccessful attempts, the German Prevention Act went into force in summer 2015. As a national law, it regulates the competencies of the national federal government while being very vague regarding regional matters. Although the Act can hardly influence established regional structures like for example the public health services, which are predominantly governed by federal state level laws, these very structures will be of substantial importance for the Act’s implementation.
Aim
This paper aims to delineate the potential importance and role of the local public health services for the implementation of the German Prevention Act. The opportunities arising from the active engagement of the public health services in that process as well as challenges that must be met will be highlighted and discussed.
Results
The active integration of the public health service into the local implementation of the prevention law bears considerable potential regarding needs orientation, effective targeting of action, intersectorality, and the generation of synergy effects. With that regard, the strengths of the public health service can be seen in particular in models of good communal practice embedding small area health reporting and impartial local coordination for the common good through the public health service. These “potential” strengths, however, are not being deployed in the majority of municipalities, implying that the public health service often falls short in carrying out these public health tasks. This, to a large part, is due to cost cutting in public households as well as the lack of a modern vision for the local public health service. The latter also contributes to an orientation towards professional interests, which does not further the development of the local public health service in the direction of a communal public health agency. The currently negotiated federal state framework agreements and the role the social insurance agencies play in these are of particular importance for a successful integration of the public health service into the local delivery of the prevention law. The aim should be to embed communal social and health reporting as well as a coordination role in the federal state framework agreements.
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Interessenkonflikt
B. Szagun berät das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg zur kommunalen Fachplanung Gesundheit. J. Kuhn ist im ÖGD am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Bayern, D. Starke an der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Nordrhein-Westfalen beschäftigt.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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Szagun, B., Kuhn, J. & Starke, D. Kommunale Gesundheitsförderungspolitik und das Präventionsgesetz. Präv Gesundheitsf 11, 265–270 (2016). https://doi.org/10.1007/s11553-016-0563-0
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