Versorgungsforschung / Health Services Research
Entwicklung eines Screening-Workflows zur Erkennung von Patientenbedürfnissen in einer interdisziplinären onkologischen TagesklinikDevelopment of a screening workflow to identify patient needs in an interdisciplinary oncological day clinic

https://doi.org/10.1016/j.zefq.2021.04.004Get rights and content

Zusammenfassung

Hintergrund

Die Diagnose Krebs führt bei vielen Patient*innen zu einem emotionalen Ausnahmezustand. Die Lebensqualität ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Therapieziel. Daher wurde in der onkologischen Tagesklinik (ICT) am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) eine LQ-Lotsin implementiert, um die ambulanten Patient*innen hinsichtlich ihrer Fragen und Bedürfnisse individuell zu unterstützen, um so die Lebensqualität zu erhöhen.

Methode

Für die strukturierte Erhebung der Lebensqualität/Bedürfnisse in der Routine der Tumortherapie und -nachsorge ist ein Screeningtool notwendig. Im Rahmen einer mixed-methods Studie wurden Fokusgruppen mit Gesundheitsexpert*innen/Patient*innen organisiert, um die Bedürfnisse von Krebspatient*innen zu ergründen. Darauf basierend wurden Fragebögen in der Literatur gesichtet, welche diese Bedürfnisse abdecken, um folglich einen ICT-spezifischen Fragebogen zu adaptieren und diesen mithilfe eines Workflow zu integrieren.

Ergebnisse

Insgesamt 333 einzelne Wortmeldungen wurden von den Teilnehmer*innen der Fokusgruppen zu den Bedürfnissen von Krebspatient*innen in verschiedenen Phasen der Behandlung/Tumorentitäten hervorgebracht. Keiner der Fragebögen in der Literatur erfüllte alle gewünschten Anforderungen, weshalb ein neuer Bogen u.a. mit Elementen verschiedener standardisierter Bögen und den Ergebnissen der Fokusgruppen entstand. Ein Workflow wurde erstellt, um den Fragebogen in der Routineversorgung des ICT zu integrieren.

Diskussion

Durch die Befragung von Gesundheitsexpert*innen aus verschiedenen Bereichen und Patient*innen mit unterschiedlichen Entitäten, konnten die Bedürfnisse der Krebspatient*innen über verschiedene Phasen der Erkrankung und zusätzlich mögliche Unterschiede zwischen den Krebsentitäten erfasst werden. Durch die Implementierung einer LQ-Lotsin im ICT soll mit Hilfe des Screenings eine strukturierte Erhebung der Lebensqualität und eine Analyse der Patient*innenbedürfnisse stattfinden. Um das Screening in der Routineversorgung zu integrieren, wurde ein Workflow erstellt. Darüber hinaus wurde der Fragebogen so konzipiert, dass er wiederholt zu verschiedenen Zeitpunkten eingesetzt werden kann. Um wichtige Etappen des Therapieverlaufs abzudecken und zu eruieren wie sich die Patient*innenbedürfnisse im Verlauf verändern, sollen die Patient*innen den Fragebogen mehrmals in definierten Abständen ausfüllen.

Schlussfolgerung

Durch den Fragebogen sollen die Bedürfnisse der ambulanten Krebspatient*innen im ICT strukturiert erhoben werden. Zukünftig gilt es zu untersuchen, wie sich der Einsatz und das Zusammenspiel von Bogen und Workflow in der klinischen Praxis bewährt und die Lebensqualität der Patient*innen verbessert. Zudem ist interessant zu analysieren, welche Patient*innen das Beratungsangebot einer Lotsin annehmen und welche Bedürfnisse besonders oft geäußert werden.

ABSTRACT

Introduction

The diagnosis of cancer leads to high levels of emotional distress in many patients. Quality of life is an important therapeutic goal in this context. A quality-of-life guide was implemented in the oncological day clinic (ICT) at the University Hospital of Regensburg (UKR) in order to individually support outpatients, help them with their questions and needs and improve their quality of life.

Methods

A screening tool is necessary for the structured assessment of quality of life/needs in the routine of tumor therapy and follow-up. As part of a mixed-methods study, focus groups with health professionals/patients were organized to specify the needs of cancer patients. On this basis, the literature was searched for questionnaires covering these needs in order to adapt an ICT-specific questionnaire and integrate it with the help of a workflow.

Results

A total of 333 individual aspects were brought up by the participants in focus groups on the needs of cancer patients in various phases of treatment/with various tumor entities. Since none of the questionnaires identified in the literature met our requirements, a new screening tool containing elements from different standardized forms and the results of the focus groups was developed and a new workflow created to integrate the questionnaire into the ICT routine.

Discussion

By interviewing health experts from different areas and patients with different tumor entities, the needs of cancer patients over different stages of the disease and additional possible differences between the cancer entities were identified and recorded. Through the implementation of a quality-of-life guide in the ICT, a structured assessment of the quality of life and an analysis of patient needs can take place with the help of the screening. A workflow was created to integrate screening into routine care. In addition, the questionnaire was designed in such a way that it can be used repeatedly at various points in time. In order to cover important stages in the course of therapy and to determine how patient needs change over the course, patients should be asked to complete the questionnaire several times after specified time intervals.

Conclusion

The questionnaire is intended to assess the needs of cancer patients receiving outpatient treatment in a structured manner. Now it needs to be explored how the new screening tool and workflow interact and perform in clinical practice and how they help to improve patients’ quality of life. It is also interesting to analyze which patients accept the advice offered by the quality-of-life guide and which needs are expressed most frequently.

Section snippets

Einleitung

Die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinischen Onkologie zur „Deutschlandweiten Prognose der bevölkerungsbezogenen Morbiditätserwartung für häufige Krebserkrankungen“ zeigen verschiedene Trends: steigende Häufigkeit von Krebserkrankungen, altersassoziierte Tumoren (besonders in ländlichen Regionen) und Komorbiditäten. Angesichts der wachsenden komplexen onkologischen Therapien und Erkrankungen steigen die Herausforderungen weiter. Die Studie

Setting

Das seit 2016 etablierte ICT versteht sich als intersektorale, ambulante, interdisziplinäre und ganzheitliche onkologische Systemtherapieeinheit am UKR. Im ICT werden erwachsene Patient*innen mit Tumorerkrankungen, die eine ambulante parenterale Systemtherapie (einschließlich supportiver Maßnahmen) benötigen, von Ärzt*innen verschiedener Fachrichtungen und in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Kolleg*innen der Region Ostbayern behandelt. Die Therapien erfolgen unter Berücksichtigung höchster

Fokusgruppen

Im September 2018 tagte die erste Fokusgruppe am UKR mit insgesamt 16 Fachpersonen. Die Teilnehmer*innen waren aus unterschiedlichen Bereichen, die im Umgang mit Krebspatient*innen erfahren sind: Onkologie (Ärzt*innen/Pflege), Palliativmedizin, Psychoonkologie, Strahlentherapie, Physiotherapie, Sozialberatung, Ernährungsberatung, Seelsorge, Tumorzentrum Regensburg, Leiter einer Selbsthilfegruppe. Im Oktober 2018 tagte die zweite Fokusgruppe am UKR mit insgesamt 13 Teilnehmer*innen. Dies waren

Diskussion

Während im stationären Bereich das Case Management die multiprofessionelle und die poststationäre Versorgung für die Patient*innen regelt [28], ist für den ambulanten Bereich keine vergleichbare Berufsgruppe für derartige koordinierende und unterstützende Aufgaben vorgesehen. Generell gibt es bis dato keine medizinische Abrechnungsziffer/Finanzierung dieser Funktionen. Weiterhin ist die Finanzierung einer derartigen Tätigkeit im Rahmen einer Hochschulambulanz nicht berücksichtigt.

Die

Schlussfolgerung

Komplexe onkologische Therapien sind für viele Patient*innen eine enorme Herausforderung. Analog zum stationären Sektor (Case Manager) wurde im ICT am UKR eine LQ-Lotsin eingesetzt, um die ambulante multiprofessionelle Versorgung von Krebspatient*innen während und nach der Therapie zu sichern. Durch den Einsatz einer LQ-Lotsin im ICT, kann bei Bedarf eine individuelle Beratung über verschiedene Angebote und Maßnahmen sowie Vermittlung in der Region erfolgen. Für die systematische und

Förderung

Diese Forschung erhielt keine spezifischen Zuschüsse von Organisationen im öffentlichen, kommerziellen oder gemeinnützigen Sektor.

Lediglich die Stelle der Lebensqualitätslotsin wurde 2 Jahre mittels einer Anschubfinanzierung durch die Leukämiehilfe Ostbayern e.V. ermöglicht.

Danksagung

Ein großer Dank geht an die Leukämiehilfe Ostbayern e.V.. Durch die Anschubfinanzierung von 2 Jahren förderte der Verein die Position der Lebensqualitätslotsin.

Interessenkonflikt

Alle Autor*innen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Autorenschaft

Sandra Windschüttl: Konzeptualisierung, Methodik, Ermittlung, Datenkuration, Originalentwurf (schreiben), Überprüfen und Bearbeiten, Visualisierung, Projektverwaltung, Prüfen der endgültigen Fassung des Manuskripts. Tobias Pukrop: Konzeptualisierung, Methodik, Aufsicht, Prüfen der endgültigen Fassung des Manuskripts. Anne Herrmann: Konzeptualisierung, Methodik, Prüfen der endgültigen Fassung des Manuskripts. Patricia Lindberg-Scharf: Konzeptualisierung, Methodik, Prüfen der endgültigen Fassung

Literatur (31)

  • Deutsche Krebsgesellschaft, Zertifizierung. https://www.krebsgesellschaft.de/deutsche-...
  • M. Klinkhammer-Schalke et al.

    Direct improvement of quality of life using a tailored quality of life diagnosis and therapy pathway: randomised trial in 200 women with breast cancer

    Br J Cancer.

    (2012 Feb 28)
  • Universitätsklinikum Regensburg. Zentren, Interdisziplinäres Centrum für medikamentöse Tumortherapie (ICT)....
  • M. Koller

    Beiträge der Sozialpsychologie zur Analyse und Lösung von Problemen im deutschen Gesundheitssystem

    Zeitschrift für Sozialpsychologie.

    (2005)
  • AWMF – Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., Leitlinien....
  • Cited by (0)

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