Dtsch Med Wochenschr 1908; 34(31): 1351-1354
DOI: 10.1055/s-0028-1135645
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber Pyelitis bei Frauen und ihre Beziehungen zur Menstruation

E. Scheidemandel - früher Assistenzarzt der Abteilung
  • Aus der Inneren Abteilung des Krankenhauses Bethanien in Berlin. (Dirigierender Arzt: Prof. Dr. Zinn.)
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Publication Date:
11 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Pyelitis, die bei Frauen sehr viel häufiger als bei Männern vorkommt, ist eine durch plötzliche Fiebersteigerung, Schmerzanfälle, häufiger der rechten als der linken Seite, durch den Befund von Eiter und Bakterien im Harn bei genauer, wiederholter Untersuchung wohl charakterisierte Erkrankung. Nach durchschnittlich fünf- bis sechstägiger Febris continua (ähnlich der Pneumoniekurve) tritt kritisch oder lytisch die Entfieberung ein. Einer kurzen Reihe fieberloser Tage folgt in der Regel einmal oder mehrere Male ein gleicher, leichterer Anfall oft der bis dahin gesunden Seite. Die Krankheit, die meist als eine aufsteigende Infektion vom Anus her anzusehen ist, wird am häufigsten durch Bacterium coli commune verursacht. Die Heilung erfolgt in der Regel nach (zwei oder) drei Anfällen. Der Uebergang in die chronische Form der Pyelitis ist selten. Von besonderem Interesse ist das prämenstruelle (drei Tage vorher) Auftreten der Pyelitisanfälle; dabei ist der charakteristische Schmerzanfall nicht an die Menstrualblutung als solche gebunden, sondern er kann auch der Zeit der Ovulation entsprechen. Schon bei Beginn des ersten Anfalls besteht zuweilen eine latente Erkrankung des anderen Nierenbeckens (nachgewiesen durch Ureterenkatheterismus). Die Behandlung besteht in Bettruhe, reichlichem Genuß leichten diuretischen Tees (Lindenblütentee), Thermokompression, schonender Kost, nach Bedarf in der Anwendung der Narcotica. Der lange fortgesetzte Gehrauch von Urotropin, Salol und ähnlichen Mitteln ist unzweckmäßig. Das verhältnismäßig häufige Vorkommen der Krankheit, die bisher vielfach verkannt wurde, verdient ein größeres allgemeines Interesse von seiten der Praktiker.

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