Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 762-763
DOI: 10.1055/s-0042-1753709
Abstracts | DGSMP/DGMS
Vorträge
Thema: Arbeit und Gesundheit

Erhöhtes Risiko für Depressionen und Angststörungen bei hohen psychosozialen beruflichen Belastungen („High Strain“): ein systematischer Review mit Metaanalysen

A Seidler
1   TU Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden, Deutschland
,
A Freiberg
1   TU Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden, Deutschland
,
S Drössler
1   TU Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden, Deutschland
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FS Hussenoeder
2   Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig, Deutschland
,
I Conrad
2   Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig, Deutschland
,
SG Riedel-Heller
2   Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig, Deutschland
,
K Romero Starke
1   TU Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden, Deutschland
,
M Schubert
1   TU Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung Ungünstige psychosoziale Arbeitsbedingungen können ein Risiko für das Auftreten psychischer Erkrankungen darstellen.

Methoden Ein systematischer Review wurde als Update einer 2013 veröffentlichten Übersichtsarbeit durchgeführt. Vorab wurde das Studienprotokoll bei PROSPERO registriert (Registrierungsnummer: CRD42020170032). Literatursuchen fanden in den elektronischen Datenbanken MEDLINE, PsycINFO sowie Embase statt. Alle Prozessschritte wurden von zwei Reviewern unabhängig voneinander vorgenommen; Diskordanzen wurden im Konsens gelöst. Es fand eine „Risk-of-Bias“-Bewertung aller eingeschlossenen Volltexte statt. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz wurde mit dem GRADE-Verfahren bewertet. Der vorliegende Beitrag beschränkt sich auf die Erkrankungsrisiken durch einen hohen „Job Strain“ – also durch die Kombination von hohen Anforderungen und einem geringen Tätigkeitsspielraum.

Ergebnisse Zehn in den systematischen Review einbezogene Kohortenstudien mit einer angemessenen Studienqualität untersuchen den Zusammenhang zwischen einem hohen „Job Strain“ und dem Auftreten einer Depression. In der klassischen Aufteilung wird „High Strain“ mit „Low Strain“ (Tätigkeiten mit geringen Arbeitsanforderungen und hohem Tätigkeitsspielraum) verglichen. Diesbezüglich findet sich für „High Strain“ ein um 73% erhöhtes Depressionsrisiko, der gepoolte Effektschätzer für das Depressionsrisiko beträgt 1,73 (95% KI 1,32-2,27). Für die weiteren beiden Tätigkeitsgruppen „Active Jobs“, gekennzeichnet durch hohe Arbeitsanforderungen und hohen Tätigkeitsspielraum, bzw. „Passive Jobs“, gekennzeichnet durch geringe Arbeitsanforderungen und geringen Tätigkeitsspielraum, ergibt sich eine statistisch nicht signifikante Erhöhung des Depressions-Risikos um 31% bzw. 27% (aktiv: gepoolter Effektschätzer=1,31, 95% KI 0,95-1,80; passiv: gepoolter Effektschätzer=1,27, 95% KI 0,97-1,66). Bei einer dichotomen Betrachtung von Job Strain (ohne Auftrennung in die vorgenannten vier Kombinationen) findet sich ein auf das Doppelte erhöhtes Depressionsrisiko bei hohem Job Strain (gepoolter Effektschätzer=1,99, 95% KI 1,68-2,35). Die Risikoschätzer für Männer und für Frauen sind in etwa vergleichbar hoch. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz zum Zusammenhang zwischen Job Strain und dem Auftreten einer Depression wird auf Grundlage der GRADE-Beurteilung als hoch eingestuft. Erhöhte Risiken finden sich auch für das Auftreten einer Angststörung.

Schlussfolgerung Für Tätigkeiten mit einem hohen Job Strain – also der Kombination von hohen Anforderungen und einem geringen Tätigkeitsspielraum – findet dieser systematische Review ein deutlich erhöhtes Depressionsrisiko, daneben auch ein erhöhtes Risiko für Angststörungen.

Acknowledgment Diese Studie wurde im Auftrag der SUVA (Schweizerische Unfallversicherungsanstalt) durchgeführt.



Publication History

Article published online:
22 August 2022

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