Dtsch Med Wochenschr 2018; 143(12): 849
DOI: 10.1055/s-0043-124976
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Dialysebehandlung – ein aktives und lebendiges Feld

Dialysis treatment – an important and ever-changing procedure
Mark Dominik Alscher
Further Information

Publication History

Publication Date:
13 June 2018 (online)

Zoom Image
Prof. Dr. med. Mark Dominik Alscher

Die Einführung der Dialyse für Patienten mit Urämie stellt eine der Sternstunden der modernen Medizin dar. Es gibt wenige Methoden, die so klar hinsichtlich der Evidenzen sind. Hat ein Patient eine Urämie und erhält keinen Nierenersatz verstirbt er im Mittel nach 7 Tagen. Mit Nierenersatz sind teilweise Jahrzehnte Überleben beschrieben.

Die Dialyse ist eng mit der deutschen Medizingeschichte verwoben: In den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurden in Deutschland die Verfahren der Hämo- und Peritonealdialyse entwickelt. Eine erste Patientin konnte erfolgreich vor 75 Jahren mit akutem Nierenversagen überbrückend behandelt werden – dies kann als der Beginn der heutigen Dialysebehandlung verbucht werden.

75 Jahre später führen 2 Millionen Menschen weltweit Dialyseverfahren durch. Die Anzahl der Patienten, die eine Dialyse erhalten, wächst kontinuierlich: Dies ist dem demografischen Wandel mit zunehmend älteren Patienten geschuldet. Mehr als 50 % der Ursachen, welche zur Dialyse führen, sind auf Diabetes und Hypertonie zurückzuführen – also Krankheitsentitäten, die sich im zunehmenden Lebensalter gehäuft finden.

Neben der Dialyse ist die Nierentransplantation ein voll gültiger und in einigen entscheidenden Aspekten überlegener Nierenersatz. Der Mangel an Spenderorganen führt jedoch dazu, dass für die Mehrheit der Patienten und nahezu für jeden als erstes Verfahren die Dialyse erwogen werden muss.

In der Auswahl der Dialyse sind zahlreiche Faktoren zu bedenken. Es muss heute eine strukturierte Entscheidungsfindung in protokollierbarer und überprüfbarer Form erfolgen. Aus internationalen Daten, aber auch aus Studien aus Deutschland, wissen wir, dass sich bei einer strukturierten Aufklärung etwa 30 % der Patienten für die Peritonealdialyse entscheiden. Der Anteil der Peritonealdialyse in Deutschland ist jedoch deutlich geringer – hier wird ein Handlungsbedarf adressiert, diesen Anteil durch strukturierte Aufklärung zu erhöhen.

Technisch gesehen wird die nähere Zukunft einiges an Verbesserung der Dialysetechnik erbringen. Es ist denkbar, dass dadurch die Heim-Hämodialyseverfahren weiter gestärkt werden. Auch die Peritonealdialyseverfahren, welche im höheren Lebensalter bei häufig dann zurückgehender Autonomität nicht mehr gut anbietbar sind, sind zentral davon abhängig, dass die assistierte Peritonealdialyse sowie maschinelle Verfahren (Cycler) zur Anwendung kommen können.

Die Dialysebehandlung ist weiterhin ein aktives und lebendiges Feld, welches den Spezialisten – den Nephrologen – einiges abverlangt. Aktuell ist der Endpunkt der Entwicklung noch lange nicht erreicht.

In dieser Ausgabe der DMW finden Sie wichtige Artikel zum Thema Dialyse, die die Themen Aufklärung, Ernährung und die Dialyse selber adressieren. Jeder Arzt sollte Grundkenntnisse in der Betreuung von Dialysepatienten haben. Nicht immer ist ein Nephrologe zur Verfügung, welcher dann für die Betreuung der Dialysepatienten durchgehend verantwortlich ist.

Bei der Lektüre darf ich Ihnen viel Vergnügen und viel Information wünschen.