Das Werden von Subjekten anhand von Einforderungen des Rechts auf (die kreative) Stadt - Empirische Forschungsarbeit zur widerständigen Subjektkonstitution von Kreativschaffenden im und um das ehemalige Quelle-Gebäude in Nürnberg

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2022-09-09
Issue Year
2022
Authors
Häberer, Tobias
Editor
Publisher
FAU University Press
ISBN
978-3-96147-576-6
Abstract

The conceptual frameworks of the Creative City and the Right to the City are two powerful paradigms for urban spatial development in the early 21st century. Although both frameworks partly touch on the same topics on a conceptual level, these contact points are not picked up all that often in the academic debate. However, a comparison of the two concepts reveals overlaps in contents, but also differences. For example, both concepts emphasise the importance of social diversity, call for shaping the urban development in a participatory manner, or stress the importance of the city's function as a place for social encounter. Contradictions, on the other hand, exist in the different positionings when it comes to the (human-)capitalistic logic of the market or with regard to the respective significance of social inclusion (especially in Richard Florida's exclusionary formulation of the Creative Class). A purely theoretical comparison thus leads to a stalemate. Taking this as a starting point, this empirical work aims to take a closer look at the interface of the two concepts in urban practice. In the search for a practical equivalent, the author came across the citizens’ association Quellkollektiv, a collective of creative people who came together during the interim use of the former Quelle mail order firm’s headquarter in Nuremberg. Due to their everyday fields of activity in the creative work sector as well as the parallel space appropriation practices that took place in the extremely large building, the collective’s actions can be assigned to both urban development paradigms. The study thus resulted in an empirical research project which traced the experience process of the Quellkollektiv over several years. The survey employed an actor-centred and subject-oriented theory building that framed the empirical fieldwork and helped to derive a Theory of Emerging Subjects. Informed by this theoretical approach, the study demonstrates how both urban development paradigms, understood as social knowledge systems, appear in practice simultaneously and thereby meet, complement, but also contradict each other.

Abstract

Die Denkgebäude um die Kreative Stadt und das Recht auf Stadt sind für den urbanen Raum im noch jungen 21. Jahrhundert zwei wirkungsmächtige Gestaltungsparadigmen. Dabei sind auf konzeptioneller Ebene zwar durchaus gemeinsame Berührungspunkte gegeben, allerdings werden diese in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung nicht allzu häufig aufgegriffen. Gleichwohl offenbart eine Gegenüberstellung der Konzepte beiderlei: inhaltliche Überschneidungen, aber auch Differenzen. So betonen beide Konzepte die Wichtigkeit der gesellschaftlichen Vielfalt, enthalten Aufforderungen zur Mitgestaltung des Stadtentwicklungsprozesses oder heben die Bedeutung der Begegnungsfunktion der Stadt hervor. Widersprüche hingegen existieren u.a. hinsichtlich der unterschiedlichen Positionierung gegenüber der (human-)kapitalistischen Verwertungslogik oder beim jeweiligen Stellenwert von gesellschaftlicher Inklusion (insbesondere bei Richard Floridas ausgrenzender Formulierung des Kreativ-Klassenbegriffs). Ein rein theoretischer Vergleich führt somit in einen Patt. Daran ansetzend hat diese empirische Arbeit zum Ziel, näher auf die Begegnung der beiden Konzepte in der urbanen Praxis einzugehen. Auf der Suche nach einer praktischen Entsprechung traf der Autor auf den Verein „Quellkollektiv“, einer Vereinigung von kreativschaffenden Personen, die sich während der gemeinsamen Zwischennutzung des ehem. Quelle-Versandhauses in Nürnberg zusammengefunden hat. Aufgrund ihrer alltäglichen Betätigungsfelder im Kreativarbeitsbereich sowie der parallel dazu stattfindenden Raumaneignungspraktiken des äußerst großflächigen Gebäudes lassen sich ihre Handlungen beiden Stadtentwicklungsparadigmen zuordnen. Im Resultat findet sich vorliegend eine empirische Forschungsarbeit, die mittels einer akteurszentrierten und subjektorientierten Theoriebildung den Erfahrungsprozess des Quell-kollektivs über mehrere Jahre nachzeichnet, um daraus schließlich eine Theorie von werdenden Subjekten abzuleiten. Im Zuge dessen konnte u.a. dargestellt werden, wie beide Stadtentwicklungsparadigmen, verstanden als gesellschaftliche Wissensordnungen, in diesem Kontext jeweils praktisch in Erscheinung treten und sich dabei begegnen, ergänzen, aber auch widersprechen.

Notes
Parallel erschienen als Druckausgabe bei FAU University Press, ISBN: 978-3-96147-575-9
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