Vom ‚Datensatz‘ zum ‚Wissen‘

Inschriftliches Informationsangebot und dessen Verarbeitung am Beispiel der Lex de Imperio Vespasiani im spätmittelalterlichen Rom

 

Zusammenfassung: Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Begriff der Information als Analyseinstrument historischer Forschung. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf Inschriften als informationstragendes Massenmedium der Vormoderne. Dabei wird aufgezeigt, durch welche verschiedenen Möglichkeiten Inschriften Informationen bereitstellen können. Diese sind sowohl Teil eines spezifischen Informationsangebots auf der einen Seite als auch einer subjektiven Informationsverarbeitung auf der anderen. Beides ist als Teil eines Kommunikationsaktes zu verstehen. Exemplifiziert werden diese Ausführungen am Beispiel der antiken Inschriftentafel der Lex de Imperio Vespasiani und deren Instrumentalisierung im stadtrömischen Spätmittelalter.

 

Abstract: This paper deals with the concept of information as an analytical instrument of historical research. The focus is particularly on inscriptions as a sort of premodern mass media which provide information for many recipients. The article clarifies the different levels of communication and thus their information, that inscriptions can provide. On the one hand inscriptions are offering a specific information, which is provided by a certain actor, and on the other hand there is a subjective information processing. Finally, both are to be understood as part of an act of communication. These considerations are illustrated by the example of the ancient inscription panel of the Lex de Imperio Vespasiani and its instrumentalization in the city of Rome in the late Middle Ages.

 

In der aktuellen Debatte um die Notwendigkeit digitaler Kompetenzen zur Orientierung in einer zunehmend von der Digitalisierung erfassten Bildungs- und Wissenschaftslandschaft wird dem Begriff der Information eine hohe Bedeutung zugeschrieben.[1] Beobachten lassen sich diese Tendenzen auch unter dem Schlagwort der Informationsgesellschaft, womit nicht zuletzt auf die Notwendigkeit für das heutige berufliche und gesellschaftliche Leben verwiesen wird, Kompetenzen der Informationserlangung und -verarbeitung zu erwerben.[2] Informationsgesellschaft wird dabei in einem alltagspraktischen Verständnis häufig synonym zum Begriff der Wissensgesellschaft verwendet und bezieht sich dabei auf die Durchdringung der Gesellschaft mit Informationen und informationsbereitstellende Medien.[3] Dabei zeigt sich eine enge Verschränkung der Begriffe ‚Information‘ und ‚Wissen‘. Doch ein wissenschaftlicher Zugang, der Information als historisches Phänomen[4] in den Fokus rückt, muss differenzierter vorgehen – Wissen (als Produkt von Informationen) und Information (als Grundlage von Wissen) sind auf analytischer Ebene zu unterscheiden.

In einem Band mit dem Ziel, die Informationsverarbeitung in der Stadt des 12. bis 16. Jahrhunderts zu analysieren, ist es geboten zunächst die Begriffe der Information und der Informationsverarbeitung zu definieren. Viel Vorarbeit wurde durch die Forschung in den vergangenen Jahren bezüglich des Begriffs des Wissens und der Wissensgesellschaft geleistet.[5] Dieses Konzept gilt es nun weiter zu differenzieren. Denn Wissen entsteht nicht aus dem Nichts, vielmehr basiert es auf Informationen und deren Verarbeitung.[6]  Informationen wiederum müssen erst selbst aus mannigfaltigen und divergierenden Daten gewonnen werden. Im Zuge dieser Beobachtung sollen zu Beginn des Beitrags einige einführende Definitionen darüber gegeben werden, was sich unter den Begriffen ‚Daten‘, ‚Informationen‘ bzw. ‚Informationsverarbeitung‘ und daraus entstehendem ‚Wissen‘ verstehen lässt und wie diese Begriffe als Analysekategorien historischer Forschung nutzbar gemacht werden können.

Wenn in einem ersten Ansatz postuliert wird, dass Wissen aus vernetzten und verarbeiteten Informationen besteht, so stellt sich anschließend die Frage, worauf wiederum Informationen basieren. Ein Blick in die (Wirtschafts-)Informatik weist diesbezüglich Daten als Basis von Informationen aus. Daten verstehen sich dabei in einem vereinfachten Zugang als „[…] Zeichen, die aufgrund bekannter oder unterstellter Abmachungen Informationen […] darstellen.“[7] Somit können jegliche wahrgenommenen Dinge als Zeichen, Symbole o.ä. verstanden werden, die dann als Daten oder Datensatz in einem subjektiven Akt der Interpretation zu Informationen für eine bestimmte Person werden.[8] Durch die Subjektivität dieses Vorgangs entstehen dabei auf den ersten Blick rein subjektive Informationen, jedoch kann durch vorhandene ‚unterstellte Abmachungen‘ – beispielweise ein bestimmter kultureller Hintergrund oder ein zugrundeliegendes und geteiltes Zeichensystem[9] – eine ähnliche und objektivierbare Informationserzeugung durch verschiedene Personen angenommen werden. Trotzdem bleibt die jeweils erzeugte Information letztendlich subjektiv[10], wodurch dieser Zugang über das klassische objektivierbare Sender-Empfänger-Modell hinausgeht. Informationen sind nicht nur das ‚Neue‘, ‚Relevante‘ oder ‚Wahre‘, sondern als verdinglichte Botschaft bzw. als Zeichen (wie Buchstaben) zu verstehen.[11] Eine Begrenzung auf ‚Neuheit‘, ‚Nachricht‘ und ‚Kommunikation‘[12] ist für einen analytischen Informationsbegriff zu reduktionistisch.[13]

Auf Basis dieser Informationsgewinnung können dann neu gewonnene Informationen durch Vernetzung mit anderen Informationen oder Vorwissen zu dem werden, was letztendlich mit dem Begriff des ‚Wissens‘ zu greifen ist. Wissen zeigt sich folglich als eine Form miteinander verbundener, gedanklich verarbeiteter und systematisierter Informationen.[14] Daten jedweder Art können durch eine Person wahrgenommen und interpretiert werden[15], wodurch sich Informationen formieren[16], welche wiederum in einem Akt der Vernetzung und Systematisierung zu Wissen werden können.[17]

Versteht man Informationen wie beschrieben, so stellt sich anschließend die Frage, welche gezielte Einflussnahmen bei diesem vorrangig subjektivem Verarbeitungsprozess möglich sind. Denn Daten, aus denen Informationen generiert werden, können zwar durch Menschen erzeugte wie auch natürlich entstandene ‚Repräsentationen von Welt‘[18] sein, doch gerade bei menschengemachten Daten kann eine bestimmte Informationsverarbeitung durch die Rezipienten intendiert sein. Beispielsweise mittels einer bewussten Zusammenstellung von Daten zu einem Datensatz oder durch die performative Interpretation von Daten für ein Zielpublikum, kann durch einen die Daten aufbereitenden Akteur eine bestimmte Lesart bei seinen Rezipienten intendiert werden.[19] Dieses Phänomen lässt sich mit dem Begriff des Informationsangebots benennen. Dieser meint die bewusste Datenaufbereitung mit dem Ziel beim Rezipienten eine bestimmte Informationsverarbeitung auszulösen. Informationsverarbeitung ist darauf aufbauend der Schlüsselbegriff, mit dem beschrieben werden kann, wie die Daten letztendlich verstanden und interpretiert und zu Informationen werden.[20] Bei diesem subjektiven Verarbeitungsprozess ist letztendlich jedoch nicht gewährleistet, dass der durch das Informationsangebot intendierte Informationsgehalt tatsächlich auch durch die Rezipienten im Sinne des Angebots aufgefasst wird.[21] Der Begriff der Informationsverarbeitung umschließt somit alle subjektiven Interpretationsprozesse von Daten durch eine Person. Informationsangebot wiederum meint nur die bewusste menschliche Handlung durch Datensätze bestimmte Informationen bereitzustellen, wobei der Erzeugung eines Informationsangebots ein Akt der eigenen Informationsverarbeitung des anbietenden Akteurs vorausgegangen sein muss. Beides basiert letztendlich auf einem zentralen Akt der menschlichen Handlung, der Interpretation, gegebenenfalls Aufbereitung und Bereitstellung und abermaligen Interpretation von Daten jedweder Art.

Im Folgenden soll anhand dieser einleitenden Überlegungen ein insbesondere in vormodernen Gesellschaften zentrales Medium öffentlicher Informationsbereitstellung behandelt werden, nämlich das vormoderne Massenmedium der Inschrift. Unter Massenmedium wird hierbei nicht die Erzeugung einer quantitativ hohen Anzahl und weiten Verbreitung eines Mediums verstanden, sondern vielmehr der Versuch bei einem bestimmten Zielpublikum – beispielsweise einer städtischen Öffentlichkeit – möglichst viele Adressaten zu erreichen.[22] Als Form öffentlicher Kommunikation[23] können Inschriften bestimmte Informationsabsichten darstellen, also darauf abzielen, eine spezifische Informationsverarbeitung bei den Adressaten zu evozieren.[24] Dadurch sind Inschriften schlussendlich nicht nur Informationsangebote, sondern Kommunikationsmedien, welche auf verschiedenen Ebenen kommunizieren und Informationen bereitstellen können. Informationsangebot und -verarbeitung zeigen sich dabei als zwei Enden eines Kommunikationsaktes.

Nach einer methodologischen Annäherung und der Darlegung eines forschungsanalytischen Zugangs zu Inschriften, soll abschließend an einem expliziten Fallbeispiel aus dem stadtrömischen Raum – der kommunalen[25] Instrumentalisierung der antiken Lex de Imperio Vespasiani – aufgezeigt werden, wie das vorgeschlagene Analyseschema konkret anwendbar ist und wie sich überlagernde Formen von Informationsangebot und -verarbeitung als historisches Phänomen analysieren lassen.

Zur Methodologie – Inschriften als komplexes informationstragendes Medium

Inschriften rücken immer stärker in den Fokus der mediävistischen Forschung und hierbei entwickeln sich zunehmend Fragstellungen, die auch wesentlich durch die kulturwissenschaftlichen ‚turns‘ geprägt sind.[26] Dabei rücken vermehrt Ebenen von Inschriften in den Blick, welche über den rein textbasierten epigraphischen Zugang hinausgehen und das komplette Medium Inschrift mit all seinen qualitativen und situativen Merkmalen thematisieren.[27]

Um dem breiten Feld an Untersuchungsgebieten von Inschriften, das sich über den Text, das Trägermaterial, die räumliche Verortung[28] oder performative Akte erstreckt, ein in der Forschungspraxis anwendbares Schema zu geben, sollten insbesondere vier Kommunikationsebenen von Inschriften unterschieden werden. Vorbild dieses vierstufigen Schemas ist eine Einteilung des Kunsthistorikers Oleg Grabar, der – von arabischen Inschriften ausgehend und nur Inschriften an Gebäuden miteinbeziehend – vier Funktionsebenen von Inschriften benennt. Diese sind: 1. Indicative function, 2. Commemorative function, 3. Semantic function und 4. Iconic function.[29] Im Anschluss an dieses Analyseschema von Inschriften im öffentlichen Raum können ebenfalls vier zentrale Ebenen der Kommunikation und damit auch der Informationsbereitstellung von Inschriften benannt werden.

Die Erste dieser Ebenen zielt auf die Textebene epigraphischer Kommunikation. Diese umschließt zum einen die rein textlich kommunizierte Botschaft, zielt aber darüber hinaus auch auf die Frage der Sprachwahl, durch welche die Botschaft eine andere Bedeutungsebene bekommen oder ein bestimmtes Zielpublikum ansprechen kann.[30] Ebenso spielen Überlegungen zu multilingualen Inschriften, der Verwendung von Pseudo-Sprachen oder von Pseudo-Abkürzungen eine wesentliche Rolle für die Interpretation von Epigraphik.[31]

Die zweite Analyseebene inschriftlicher Kommunikation zielt auf das Material der Inschrift bzw. des Inschriftenträgers[32], was nicht nur die Qualität des Trägermaterials, sondern ebenso die qualitative Ausführung durch den Handwerker miteinschließt. Herausgehobene Materialqualität und Ausführung können somit als visuell-verdinglichter Teil eines epigraphischen Kommunikationsvorgangs verstanden werden.[33] Hochwertige Trägermaterialien wie Edelmetalle, die bewusste Nutzung von (antiken) Spolien, einer bestimmten Schriftart oder Schriftgröße können somit Gestalt und Kommunikationswert einer Inschrift ganz wesentlich beeinflussen.[34] Bezüglich dieser materialen Qualität inschriftlicher Kommunikation resümiert Antony Eastmond: „Once created, they become physical objects whose materiality is an essential element in the means by which they convey meaning.“[35] Es sind folglich die in Inschriften genutzten visuellen Strategien, die für die kommunizierte Botschaft häufig wichtiger als der textliche Inhalt sein können.[36] Das semiotische Potential von Inschriften wurde durch Armando Petrucci zum einen auf den grundlegenden symbolischen Gehalt von Inschriften als graphische Zeichen und zum anderen auf deren Verbindung mit der sie tragenden Architektur bzw. umgebenden Topographie zurückgeführt[37], wobei Zweiteres direkt in die dritte vorzustellende Analyseebene weiterleitet.

Als drittes Element des Analyseschemas gilt es die topographisch-räumlich erfassbare Ebene in den Blick zu nehmen, d.h. Inschriften unter dem Blickwinkel eines raumanalytischen Zugangs zu betrachten. Dies zielt insbesondere auf die Platzierung einer epigraphischen Botschaft im Stadtraum, an spezifischer Architektur oder an einem Trägergebäude ab.[38] Inschriften können somit allein durch ihre räumliche Verortung eine bestimmte Bedeutung verliehen bekommen. Ebenso kann der urbane Raum selbst durch die Setzung einer neuen Inschrift eine bestimmte Relevanz erhalten.[39] Auch kann die topographische Situation die Lesbarkeit einer Inschrift beeinflussen bzw. gezielt mit dem Phänomen der Lesbarkeit arbeiten[40]oder Beziehungen zu anderen Gebäuden, Inschriften und anderen Medien (wie z. B. Wappen) herstellen.[41] Nicht zuletzt zählt auch die Translokalisation von älteren Inschriften in neue topographische Kontexte zu diesem Parameter des Analyserasters, was sich beispielsweise bei der Spolienverwendung beobachten lässt.[42]

Der letzte und vierte Analyseschritt beleuchtet jegliche performativen Akte[43], also alle Handlungen rund um Inschriften. Dies betrifft zunächst Fragen des Zugangs zu und der Sichtbarkeit von Inschriften, beispielsweise ob eine Handlung notwendig ist um eine Inschrift (vollumfänglich) lesen zu können.[44] Zu der Ebene der Performativität zählen aber auch jegliche Formen von Inszenierungen, die das Medium Inschrift in irgendeiner Art und Weise einbinden. Hier kann zunächst an den Akt der Setzung einer Inschrift gedacht werden, ebenso wie an performative Akte wie Prozessionen, die Inschriften in die Handlung (beispielsweise in die Prozessionsroute) bewusst mit einbinden. Letztendlich stellt jeder einzelne Akt des Inschriftenlesens für sich schon eine performative Handlung dar.

Summa summarum vereint dieses Analyseschema vier Kommunikationsebenen von Inschriften, nämlich (1.) die Textebene, (2.) die Materialebene, (3.) die topographisch-räumliche Ebene und (4.) die Ebene der Performativität, unter welchen sich alle weiteren informationstragenden Besonderheiten, methodischen Zugänge und Detailanalysen subsumieren lassen.[45] Das Schema ermöglicht zudem den Vergleich der Kommunikationsformen und Botschaften mehrerer epigraphischer Zeugnisse miteinander.

Jede Einzelne dieser Untersuchungsebenen beinhaltet dabei eigene Daten, die durch die zeitgenössische Rezipienten der Inschriften zu Informationen verarbeitet werden konnten und der heutigen Forschung einen analytischen Zugang zu epigraphischen Kommunikationsakten bietet. Dann fungiert das Medium der Inschrift als größerer Datensatz, der verschiedene Formen von Daten anbietet, welche vollumfänglich oder auch nur teilweise in einem Akt der subjektiven Informationsgewinnung verarbeitet werden können. Da Inschriften durch Menschen gesetzt werden, versteht sich dieser Datensatz vorrangig als Informationsangebot. Zwar können gerade die Materialität oder auch der räumliche Kontext natürliche Datensätze sein, diese werden aber bewusst als Teil des Informationsangebots miteingebunden. Der Erstellung dieses Angebots liegt dabei bereits eine Informationsverarbeitung des kommunizierenden Akteurs zugrunde, der daraus wiederum ein neues Informationsangebot erzeugt und eine bestimmte Informationsverarbeitung bei dem durch ihn anvisierten Adressatenkreis anvisiert. Ob diese Intention tatsächlich aufgeht, hängt letztlich an der subjektiven Informationsverarbeitung durch die Rezipienten. Die dann neu gewonnenen Informationen können wiederum gedanklich verarbeitet, mit Vorwissen verknüpft und systematisiert zu ‚Wissen‘ werden. Dieses Wissen und die ihm zugrundeliegenden Informationen zeigen sich dabei als wichtige gesellschaftliche, ökonomische und politische Gestaltungsmächte[46] und das Medium der Inschrift ist eine Möglichkeit, diese gezielt für bestimmte Zwecke zu nutzen.

Inschriftliches Informationsangebot und dessen Verarbeitung – das Fallbeispiel der Lex de Imperio Vespasiani im spätmittelalterlichen Rom

Im Jahre 69 n. Chr. ließ der Senat und das Volk von Rom eine 164 mal 113 cm große und qualitativ hochwertige Bronzeplatte, bekannt als Lex de Imperio Vespasiani[47], mit einer den Beschluss des römischen Senats enthaltenden Inschrift versehen, die imperialen Herrschaftsrechte auf den neuen princeps Vespasian zu übertragen.[48] Bereits in ihrem antiken Ursprung fungierte die Inschrift somit als politisch intendiertes Informationsangebot, welches darauf abzielte, nach den Wirren des Vierkaiserjahres die Übertragung der Herrschaftsrechte im Sinne der antiken Lex Regia auf Vespasian zu festigen. Die Inschriftentafel entwickelte nicht nur in der römischen Antike eine zentrale Bedeutung, sondern spielte auch in der Phase der mittelalterlichen römischen Kommune eine essentielle Rolle.[49]

Wie wir durch die Beschreibung des Meister Gregorius wissen, stand die Inschriftentafel ab der Mitte des 12. Jahrhunderts gemeinsam mit der berühmten Skulptur der Lupa Romana in der Portikus des Lateranpalastes.[50] Beides zusammen fungierte dort als Zeichen der Herrschaftsgewalt des Papstes über die Stadt Rom, die als Erbe antik-imperialer Herrschaft legitimiert wurde.[51] Die textimmanent übermittelte Botschaft der Inschrift spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Die meisten mittelalterlichen Zeitgenossen konnten den textlichen Inhalt der antiken Inschrift ohnehin nicht erfassen.[52] Die berühmtesten Beispiele dafür liefern der Jurist Odofredus aus Bologna, der im 13. Jahrhundert den Inhalt der Lex nicht entziffern konnte. Odofredus resümiert hierzu: „[…] et male sunt scriptae, quia non est ibi punctus nec capitalia in litera, et nisi revolveritis literas non possetis aliquid intellegere.“[53] Auch der englische Gelehrte Meister Gregorius war im selben Jahrhundert nicht in der Lage, die Tafel zu dechiffrieren. Gregorius kommt bezüglich des Inschriftentextes zu der ernüchternden Feststellung: „[…] in hac tabula plura legi, set pauca intellexi“.[54]

Ihre kommunikative Kraft als politisches Zeichen entfaltete die Inschrift folglich nicht über den Text, sondern über ihre Materialität und die gezielte Inszenierung in einem bestimmten urbanen Kontext. Das mittelalterlich-päpstliche Informationsangebot über die Inschrift spielte somit bewusst mit der Schriftart und dem antiken Abkürzungswesen, was bei den Zeitgenossen das Bild einer glorreichen imperialen Vergangenheit evozierte. Die qualitative Hochwertigkeit der Tafel verlieh der Botschaft zusätzliche Bedeutung und die räumliche Bezugnahme auf die Lupa Romana – seit jeher Symbol der Macht über die Stadt Rom – sowie die Platzierung auf dem Campus Lateranensis führten die Tradierung von antik-imperialer Macht auf das mittelalterliche Papsttum deutlich vor Augen. Auch ohne die Inschrift entziffern zu können, vermittelte sie in ihrer Materialität und räumlichen Verortung als Datensatz Informationen, die als Untermauerung der Machtstellung des Papsttums verstanden werden konnten. Die Verarbeitung dieser Informationen müssen wir uns auf einer nicht textimmanenten Ebene, sondern vielmehr in der Wahrnehmung der visuellen-physischen Qualität und des räumlichen Kontexts der Platte vorstellen. Zusammen mit zeitgenössisch vorhandenem Vorwissen um die antike Herkunft der Platte prägten all diese Elemente wesentlich das Narrativ des Objekts, welches der Zurschaustellung päpstlicher Macht diente. Die Inschrift zeigt sich dabei als Datensatz aus verschiedenen Elementen, die in ihrer bewussten Komposition und Verbindung als päpstliches Informationsangebot eine politisch intendierte Botschaft kommunizierten. Die eingangs bereits erwähnten zeitgenössischen Deutungsversuche durch Odofredus und Meister Gregorius verweisen dabei anschaulich auf die letztendlich subjektiv stattfindende Informationsverarbeitung eines solchen Datensatzes, die auch von Lesefähigkeit, Vorwissen und Vernetzung der Information mit anderen Informationen geprägt scheint.

Jedoch gab es sehr wohl Personen, die in der Lage waren, antike Inschriften samt Abkürzungen und Formular zu lesen. Zu diesen muss wohl auch Papst Bonifaz VIII. bzw. jemand aus seinem Umfeld gehört haben, denn nur so ist zu erklären, wie dieser „in odium imperatoris“ an der Wende zum 14. Jahrhundert die Tafel aufgrund ihres imperialen Rechtsinhalts verstecken ließ.[55] Diese Informationstilgung zeigt einen weiteren Aspekt des Umgangs mit Informationen an, nämlich den der bewussten Zurückhaltung von informationstragenden Medien aus einen bestimmten Kalkül heraus. Dies kann ebenso ein Akt der personenbezogenen damnatio memoriae, wie auch eine rein inhaltliche Entscheidung zur Zurückhaltung von Informationen sein. Im obigen Beispiel scheint es sich vorrangig um den zweitgenannten Fall gehandelt zu haben. Im Umkehrschluss verweist diese Beobachtung zudem auf die grundlegende Bedeutung der Verfügbarkeit von Informationen als Basis von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen.[56]

Wie bei dem Beispiel aus dem Pontifikat von Bonifaz VIII., gilt diese Fähigkeit der Dechiffrierung antiker Epigraphik auch für den klassisch gebildeten und an antiken Inschriften interessierten stadtrömischen Notar Cola di Rienzo, der die kommunale politische Bühne in der Mitte des Trecento als Sprachrohr einer popularen Bewegung prägte. Diese Bewegung richtete sich zum einen gegen die anarchischen Zustände im Rom um die Mitte des 14. Jahrhunderts und dabei insbesondere gegen die baronal-adlige Vorherrschaft über die Stadt[57], zielte zum anderen aber auch auf eine grundlegende Ausweitung der Befugnisse und Rechte der römischen Kommune über Rom hinaus ab, was sich insbesondere in dem artikulierten Anspruch des popolo romano auf die Kaiserwahl äußerte.[58] Di Rienzo nutze seine epigraphischen Fähigkeiten für seine politische Agenda und instrumentalisierte die antike Inschrift im Jahre 1346 in einer großangelegten Zeremonie in San Giovanni in Laterano, um die politischen Ansprüche der Bewegung zu legitimieren.[59]

Die Lex de Imperio Vespasiani als Informationsmedium bei Cola di Rienzo

Bei Renovierungsarbeiten in der Basilika San Giovanni in Laterano im 14. Jahrhundert entdeckte Cola di Rienzo die dort durch Bonifaz VIII. unlesbar im Altar verbaute Lex de Imperio Vespasiani wieder. Di Rienzo konnte augenscheinlich nicht nur die Inschrift entziffern und verstehen, sondern erkannte auch das Potential der antiken Spolie für die symbolische Begleitung seiner eigenen politischen Agenda. Sie war Mittelpunkt einer gleich in mehreren Punkten interessanten Inszenierung, welche in ihren einzelnen Komponenten im Folgenden untersucht werden soll. Dabei lässt sich zudem nachzeichnen, wie die verschiedenen Kommunikationsebenen von Inschriften im Rahmen des städtischen Informationsangebots genutzt werden konnten. Zunächst geht dabei der Blick auf die inhaltliche Textebene der Inschrift.

Der heute bekannte Teil der Gesetzestafel enthält nur zwei der üblichen Vollmachten der antiken Lex Regia, während die meisten anderen Rechte und Vollmachten, die Vespasian zugesprochen worden sein müssten, nicht erhalten und wohl auf der verschollenen ersten Platte niedergeschrieben waren. Da jedoch der Anonimo Romano eine genaue Auflistung der durch di Rienzo verlesenen Rechte wiedergibt[60], welche durchaus mit denen aus anderen antiken Quellen bekannten imperialen Rechten wie dem Codex Iustinianus korrespondieren, resultierte daraus die Meinung, di Rienzo hätte vermutlich beide Tafeln vorliegen gehabt.[61] Diese wurde mittlerweile jedoch plausibel widerlegt.[62] Es ist vielmehr davon auszugehen, dass di Rienzo die fehlenden Vollmachten aus dem zeitgenössischen juristischen Diskurs rekonstruierte.[63] Er generierte aus der Inschrift also nicht nur für ihn gewinnbringende Informationen, sondern er vernetzte diese mit zeitgenössischem Wissen um die traditionellen römischen Herrschaftsrechte. Durch diese Systematisierung entstand per definitionem ‚Wissen‘, auf Basis dessen di Rienzo agierte und wiederum selber ein Informationsangebot kreierte. Denn neben den üblichen Herrschaftsrechten eines römischen Kaisers beinhaltete die Tafel im Umkehrschuss das Indiz, dass eben jene Herrschaftsrechte durch den Senat und das Volk von Rom an den Kaiser verliehen wurden.[64] Diese auch im Mittelalter bekannte Auslegung römischer Rechte war Gegenstand eines zeitgenössischen juristischen Diskurses.[65] Di Rienzo verknüpfte folglich sowohl bei seiner eigenen Informationsverarbeitung bezüglich der Lex de Imperio als auch bei der anschließenden Informationsbereitstellung durch ihn den Datensatz der Inschrift und die daraus gewonnenen Informationen mit zur Verfügung stehenden Wissensbeständen. Ziel war dabei, die als traditionell verstandenen Rechte des populus romanus auf die Kaiserwahl für die römische Kommune durch diesen Akt der Informationsverarbeitung und -vernetzung zu artikulieren. In der antiken Lex de Imperio Vespasini fand er somit ein symbolträchtiges und auf inhaltlicher Ebene instrumentalisierbares Element, diese Ansprüche öffentlichkeitswirksam zu legitimieren.

Doch auch eine Analyse der Materialität der Inschrift zeigt, wie sich di Rienzo diese weitere Kommunikationsebene von Inschriften zu eigen machte. Die qualitätsvolle Inschrift aus hochwertigem Material sollte den epigraphischen Träger bereits in ihrem antiken Kontext wertvoll erscheinen lassen und ihre herausgehobene, repräsentative Stellung in Bezug auf die Herrschaftsrechte des römischen Kaisers hervorheben.[66]

Diese qualitativen Merkmale machte sich auch di Rienzo zunutze, indem er die hochwertige und visuell eindrucksvolle Inschriftenplatte in den Mittelpunkt seiner Inszenierung rückte.  Die lateinische Sprache und die Art des Schrifttyps, eine fein-säuberlich gezogene römische Scriptura monumentalis[67], kamen zwar auch in mittelalterlichen Inschriften vor und waren somit den Zeitgenossen durchaus vertraut[68], zeitgleich aber wurden sowohl Sprache als auch Schriftart mit einem unbestimmten, glorreichen alten Rom in Verbindung gesetzt.

Dies gilt auch für die Abkürzungen in antiken Inschriftentexten. Diese waren in ihrer Herkunft den Zeitgenossen bekannt, konnten aber nur von wenigen entziffert werden.[69] Zu ihnen zählte auch der Notar Cola di Rienzo. Er verlas in der Kirche San Giovanni in Laterano vor dem versammelten popolo den Inhalt der Inschrift, übersetzte diesen in die lingua volgare und interpretierte ihn im Sinne seiner Agenda.[70] Di Rienzo nutzte somit zum einen die qualitative Hochwertigkeit der Tafel für seine Inszenierung, den per se Inschriften inhärenten Wahrheitsanspruch als in ‚Stein gehauene Wahrheit‘[71], und zum anderen die Verständnisunfähigkeit seiner Zeitgenossen, um sich als informationsvermittelnde Person in den Mittelpunkt der Botschaft zu rücken. Seine Fähigkeit zur epigraphischen Informationsverarbeitung aus verschiedenen Daten ist somit Basis eines anschließenden Informationsangebots an die breite Masse.

In der zeitgenössischen Beschreibung der Szene durch den Anonimo Romano wird die herausgehobene Bedeutung des Materials und der Schriftart als Teil des Informationsangebots mehr als deutlich. Bezüglich des epigraphischen Mediums resümiert dieser, es sei „[…] una granne e mannifica tavola de metallo con lettere antique scritta [ …]“ gewesen.[72]  Dabei zeigt sich, dass auch die Materialebene inschriftlicher Kommunikation, die handwerkliche Ausführung hier durch die Schriftart miteingeschlossen, für Cola di Rienzos Kommunikationsakt wesentlich war. Sie waren letztendlich Teil einer breit angelegten Inszenierung der Lex de Imperio Vespasini, bei welcher Cola zudem auch die epigraphischen Kommunikationsebenen drei und vier, also raumanalytische Zugänge und performative Handlungen, für sein Informationsangebot nutzte.

Durch den Anonimo Romano sind wir über Gestaltung und Ablauf dieser Inszenierung gut unterrichtet. Dieser berichtet in seiner Cronica, dass di Rienzo die Bronzeplatte in der Basilica San Giovanni in Laterano prominent in Szene gesetzt habe.[73] Di Rienzo wählte dabei bewusst diesen städtischen Raum als Bühne seiner Inszenierung. Der symbolisch hochaufgeladene Campus Lateranensis und die Bischofskirche von Rom waren wie dafür geschaffen, um die universalen Machtansprüche über Rom und darüber hinaus zu artikulieren. Der Campus Lateranensis bleibt somit wie bereits im 13. Jahrhundert der stadträumliche Bezugspunkt der Lex de Imperio und der zentrale Raum, um weltliche Herrschaftsansprüche geltend zu machen.

Die Inschrift selbst war zentral im Chor der Basilica aufgestellt, flankiert von einer das Informationsangebot ausweitenden bildlichen Visualisierung des Inhalts, welche die Übertragung der Herrschaftsrechte durch den Senat auf Vespasian illustrierte. Di Rienzo übersetzte dabei die Inschrift, die laut dem Anonimo Romano außer ihm „[…] nullo sapeva leiere […]“[74], und stellte sich somit performativ in den Mittelpunkt der Inszenierung. Nicht zuletzt durch sein rhetorisches Talent wird der Notar dadurch selbst zum Informationsmedium seines Angebots.

Für die Zuschauer ließ man eigens Tribünen rund um das Geschehen aufstellen, um somit ein möglichst breites Publikum involvieren zu können. Neben dem popolo romano und den adligen Baronen waren auf Einladung auch weitere (juristisch) gebildete Zuschauer anwesend. Augenscheinlich sollte deren Anwesenheit der fachjuristischen Interpretation Nachdruck verleihen. Diese Anwesenheit einer zumindest implizit partizipierenden Öffentlichkeit[75], die den durch di Rienzo angestoßenen und geprägten Aushandlungsprozess legitimierend tragen sollte, scheint ein weiteres Element des Informationsangebots gewesen zu sein. Di Rienzos Angebot als Teil eines Aushandlungsprozesses ist daher treffend mit dem Begriff der ‚Vergesellschaftung unter Anwesenden‘[76] zu greifen, da seine Inszenierung ihre Ziele nur durch seine persönliche Anwesenheit im Rahmen einer integrierten Öffentlichkeit[77] voll erreichen konnte.[78]

Das Beispiel der Lex de Imperio Vespasiani und seine Wirkungsgeschichte in der kommunalen Phase Roms zeigen somit deutlich, wie vielschichtig mit Inschriften in der vormodernen Stadt Botschaften kommuniziert und divergierende Informationen als Teil eines abgestimmten Informationsangebots zusammengestellt werden konnten. Die spezifische Informationsverarbeitung müssen wir uns dabei selektiv vorstellen. Je nach Bildungshintergrund und Verständnisvoraussetzung konnten mehrere oder nur bestimmte Kommunikationsebenen gedeutet werden.[79]

Cola di Rienzo nutzte für sein Informationsangebot die typische epigraphische Autorität der ‚Schrift auf Stein‘[80] ebenso wie die legitimierende Wirkung antiker Herkunft. Er spielte seine intellektuelle Fähigkeit die Inschrift lesen zu können gezielt aus und inszenierte sich als Medium zwischen Botschaft und breiter Bevölkerung. Das Zusammenspiel zwischen Wort und Bild, der Sprache Latein und der oralen Übersetzung in das volgare, ebenso wie zwischen performativer Interpretation und legitimierenden Publikum, wurde durch Cola di Rienzo genutzt, um seine politische Agenda symbolisch zu legitimieren und mit der städtischen und auf das antike Rom bezogenen Identität zu verknüpfen. Bezeichnend ist dafür das Schlusswort von Cola di Rienzos Rede zur Lex de Imperio Vespasiani im Lateran, welche er laut dem Anonimo Romano mit dem pathetischen und auf die glorreiche Vergangenheit Roms rekurrierenden Satz beendete: „Signori, tanta era la maiestate dello puopolo de Roma, che allo imperatore dava la autoritate. Ora l’avemo perduta.“[81] Der explizit mit dem Medium der Inschrift verbundenen Verlust einstiger Größe (‚Ora l’avemo perduta‘) zielte ganz bewusst auf eine emotionale Reaktion bei Colas zeitgenössischen Rezipienten. Das Informationsmedium sollte somit zum einen die Emotionen der Adressaten berühren, zum anderen auch Erwartungen bei den Rezipienten schüren und so zu Handlungsweisen im Sinne der Agenda di Rienzos führen. Die durch ihn aufbereiteten Informationen dienten dabei letztendlich auch der Bewältigung der von ihm angeprangerten politischen Krisensituation in der Stadt Rom. Das durch den Notar inszenierte Informationsangebot aus einem vielschichtigen Datensatz zielte somit auf eine bestimmte Informationsverarbeitung bei den Rezipienten ab, versuchte diesen Akt der Verarbeitung auf mehreren Ebenen zu steuern und mit bereits vorhandenen Informationen bzw. Wissensbeständen (wie dem Rechtsdiskurs) und spezifisch städtischen Imaginationen (in Verbindung mit der glorreichen städtischen Vergangenheit) zu verknüpfen.[82] Dabei kommunizierte das Informationsangebot seine Botschaft auf mehreren Kanälen – textlich-inhaltlich, visuell-bildlich und auditiv-performativ –, um eine möglichst breite Schicht des popolo romano zu erreichen. Die Inschrift verdeutlicht dabei ebenso die Funktion von Epigraphik als Speichermedium von Wissen, wie auch die Transformation und Neujustierung von Informationen und daran anschließend von Wissensbeständen. War sie in der Antike ein Beleg für die scheinbar durch Senat und Volk legitimierte Macht des Kaisers, so wurde sie im mittelalterlich-kommunalen Rom zunächst materielles Zeugnis der Rechtsgewalt und des Herrschaftsanspruchs der pontifices und dann dinglicher Mittelpunkt einer gezielten Inszenierung römisch-kommunaler-politischer Ansprüche; sie blieb dabei stets ein Medium von verschiedenen Informationsangeboten und Aushandlungsprozessen, bei denen sich spezifische Informationen als jeweils situations- und handlungsabhängig zeigen.[83] Die Lex de Imperio offenbart sich somit als zentraler Bezugspunkt und Informationsmedium eines sich wandelnden stadtrömischen Wissensgefüges.

[1] Siehe hierzu beispielsweise die Hinweise zum jüngst verabschiedeten Digital-Pakt: Homepage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Art.: ‚DigitalPakt Schule‘. Abrufbar unter dem Link: https://www.bmbf.de/de/wissenswertes-zum-digitalpakt-schule-6496.html. Vgl. auch den Erlass der Kultusministerkonferenz 2016 zu Strategien in der digitalen Welt (Kultusministerkonferenz 2016. Strategien der Kultusministerkonferenz. „Bildung in der digitalen Welt“. Unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2017/Strategie_neu_2017_datum_1.pdf). Vgl. zum Begriff des Kommunikationszeitalters aus historischer Perspektive: Robert Darnton, An Early Information Society: News and the Media in Eighteenth-Century Paris, in: The American Historical Review 105 (2000), S. 1–35, hier S. 1 und zur „Universalität des Informationsbegriffs“: Erhard Oeser, Der Informationsbegriff in der Philosophie und in der Wissenschaftstheorie, in: Der Informationsbegriff in Technik und Wissenschaft, hrsg. v. Otto Folberth und Clemens Hackl, Wien 1986, S. 231–256, hier S. 231.

[2] Vgl. hierzu Gerhard Knorz und Rainer Kuhlen, Vorwort, in: Informationskompetenz – Basiskompetenz in der Informationsgesellschaft, hrsg. v. Gerhard Knorz und Rainer Kuhlen, Konstanz 2000, S. VII.–X., hier S. IX.

[3] Vgl. zum Begriff: Henning Klodt: Art. Informationsgesellschaft, in: Gabler Wirtschaftslexikon (online abrufbar unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/informationsgesellschaft-41752 .

[4] Für R. Darnton lässt sich jede historische Epoche als eine für sich spezifische Informationsgesellschaft verstehen, da Informationen und deren Kommunikation schon immer wesentlich für Gesellschaften waren (Darnton, Information (wie Anm. 1), S.1f.).

[5] Für einen Überblick über historische Forschungsbereiche, Institutionen und Publikationen zum Phänomen des Wissens siehe Arndt Brendecke, Markus Friedrich und Susanne Friedrich, Information als Kategorie historischer Forschung. Heuristik, Etymologie und Abgrenzung zum Wissensbegriff, in: Information in der Frühen Neuzeit. Status, Bestände, Strategien, hrsg. von Arndt Brendecke, Markus Friedrich und Susanne Friedrich, Münster 2008, S. 11–44, hier v.a.: S. 11–16.

[6] Der Fokus auf ‚Informationen‘ als Basis von ‚Wissen‘ versteht sich als Reflex auf die terminologische Unschärfe des Wissensbegriffs – so der Ansatz von Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 11f. Vgl. zur wissenschaftliche Theoretisierung von Information Donald MacKay, Information, mechanism and meaning, Oxford 1969, S. 9-13.

[7]  Vgl. Richard Lackes: Art. Daten, in: Gabler Wirtschaftslexikon (online abrufbar unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/daten-30636) und zum Informationsbegriff in der Informatik: Günter Hotz, Der Begriff der Information in der Informatik, in: Der Informationsbegriff in Technik und Wissenschaft, hrsg. v. Otto Folberth und Clemens Hackl, Wien 1986, S. 53–70, v.a. S. 53f.

[8] Informationen sind folglich nicht nur ‚Repräsentationen von Welt‘ in Hinsicht auf eine bestimmte Aufgabe (so die Arbeitsdefinition bei Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 16), sondern bereits interpretierte ‚Repräsentation von Welt‘. Informationen werden erst in einem Erkenntnisprozess aus Daten gewonnen und diesen „Prozess des Informierens […]“ kann es ohne einen beobachtenden Akteur nicht geben (vgl. Oeser, Informationsbegriff (wie Anm. 1), S. 233f., S. 239–244).

[9] D.h., dass die Kodierung einer Information durch den Rezipienten zu entschlüsseln sein muss (Hotz, Begriff (wie Anm. 7), S. 54. Zur Einbindung einer Information in ein (Zeichen-)System vgl. auch Oeser, Informationsbegriff (wie Anm. 1), S. 239–245.

[10] Vgl. MacKay, Information (wie Anm. 6), S. 59f.

[11] Information zeigt sich dabei nicht mehr nur als „[…] Anteil einer Nachricht, der für den Empfänger neu ist.“ (siehe Richard Lackes: Art. Information, in: Gabler Wirtschaftslexikon (online abrufbar unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/information-40528).

[12] So bei Darnton, Information (wie Anm. 1), S. 2–4 und MacKay, Information (wie Anm. 6), S. 10-12.

[13] Vgl. Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 16–18 und S. 31.

[14] Peter Burke, Papier und Marktgeschrei. Die Geburt der Wissensgesellschaft, Berlin 2002, S. 20. Vgl. zum Informationsgehalt und der Vernetzung verschiedener Informationen zu einem komplexeren Sachverhalt (wie ‚Wissen‘): Hotz, Begriff (wie Anm. 7), S. 54 und MacKay, Information (wie Anm. 6), S. 14.

[15] Diese Definition geht folglich über die prominente Annäherung Peter Burkes hinaus, für den Information das ist „[…] was roh, spezifisch und praktisch ist […]“ (Burke, Papier (wie Anm. 14), S. 20) und dann systematisiert zu Wissen wird. Vielmehr scheinen gerade Daten das zu sein, was ‚roh‘ vorliegt, dann praktisch zur Formung neuer Information genutzt werden kann, wodurch sich erst ‚spezifische‘ Informationen bilden können.

[16] Schon die Etymologie des Wortes Information offenbart das prozesshafte ‚Herausbilden‘ (vom Lateinischen informare) eines Sachverhaltes. Vgl zur Begriffsetymologie Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 20–29 und zum philosophischen Ursprung des analytischen Informationsbegriffs im altgriechischen Eidos-Begriff Oeser, Informationsbegriff (wie Anm. 1), S. 231–234.

[17] Die Definition von Information als prozesshafte Formung von Erkenntnis spiegelt auch den Zugang der jüngeren ‚Wissens-Forschung‘, welche in der Abkehr von der Fokussierung auf Begriffe wie Wahrheit oder Macht als Deutungsebenen für ‚Wissen‘ den Fokus auf Funktionsweisen und Anwendung von Wissen legt (vgl. Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 13–15).

[18] Vgl. zum Begriff Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 16. Natürlich entstandene Daten können dabei alle in der Welt vorhandenen Objekte bzw. auf der Umwelt beruhende Einflüsse sein, die – wie beispielsweise geologische Materialien, geomorphologische Bedingungen, Umwelteinflüsse, etc. – nicht durch Menschen erzeugt, trotzdem aber Objekte eines informationsgenerierenden Prozesses seien können.

[19] Vgl. MacKay, Information (wie Anm. 6), S. 74f.

[20] Diesem Prozess liegt ein spezifischer Deutungsrahmen (Frame) bzw. das Weltwissen des jeweiligen Subjekts zugrunde. Vgl. hierzu Marvin Minsky, A framework for representing knowledge, in: The psychology of computer vision, hrsg. v. Patrick Winston, New York 1975, S. 211 – 277, hier: S. 1: „When one encounters a new situation […] one selects from memory a structure called a Frame. This is a remembered framework to be adapted to fit reality by changing details as necessary. A frame is a data-structure for representing a stereotyped situation […].”

[21] Vgl. MacKay, Information (wie Anm. 6), S. 75f.

[22] Siehe Marc von der Höh, Erinnerungskultur und frühe Kommune. Formen und Funktionen des Umgangs mit der Vergangenheit im hochmittelalterlichen Pisa (1050–1150), Berlin 2006, hier S. 370 und S. 430.

[23] Vgl. Marc von der Höh, Einleitung, in: Inschriftenkulturen im kommunalen Italien. Traditionen, Brüche, Neuanfänge, hrsg. v. Katharina Bolle, Marc von der Höh und Nikolas Jaspert, Berlin/ Boston 2019, S. 1–29, hier S. 14f. und Von der Höh, Erinnerungskultur (wie Anm. 22), S. 368f.

[24] Sie stellen einen materialen Informationsträger der physischen Welt dar (vgl. Oeser, Informationsbegriff (wie Anm. 1), S. 233), der als Ressource von Informationsgewinnung fungieren kann.

[25] Mit „kommunal“ ist an dieser Stelle der chronologische Rahmen, also die Zeitspanne Roms als mittelalterliche Kommune von 1143–1398, angezeigt. Der Begriff verweist also nicht auf eine ausschließlich „kommunale“, d.h. mit der politischen Institution der Kommune als handelnden Akteur verstandene Deutung. Vgl. zum Begriff der „kommunalen Epigraphik“: Von der Höh, Einleitung (wie Anm. 23), S. 8–11.

[26] Für einen konzisen Überblick vgl. Von der Höh, Einleitung (wie Anm. 23).

[27] An dieser Stelle kann beispielsweise auf den Heidelberger Sonderforschungsbereich 933 ‚Materiale Textkulturen’ verwiesen werden (vgl. die Homepage des SFB unter https://www.materiale-textkulturen.de/ ).

[28] Vgl zu diesen ersten drei Punkten Von der Höh, Erinnerungskultur (wie Anm. 22), S. 215.

[29] Oleg Grabar, ‚Graffiti‘ or Proclamations: Why write on Buildings?, in: Islamic Art and Beyond. Bd. 3. Constructing the Study of Islamic Art, hrsg. v. Oleg Grabar, Farnham 2003, S. 239–244, hier S. 241–244.

[30] Siehe dazu Regula Schmid, Öffentliche Geschichte. Kommunale Inschriften in der frühneuzeitlichen Stadt, in: Interaktion und Herrschaft. Die Politik der frühneuzeitlichen Stadt, hrsg. v. Rudolf Schlögl, Konstanz 2004, S. 409–448, hier S. 432f., die dieses Phänomen anhand städtischer Inschriften und der zwischen Latein und Deutsch divergierenden Sprachwahl thematisiert.

[31] Vgl. Antony Eastmond, Re-Viewing Inscriptions, in: Viewing Inscriptions from the Late Antique and the medieval World, hrsg. v. Antony Eastmond, Cambridge 2015, S. 249–256, hier S. 250f. (multilinguale Inschriften) und S. 254 (Pseudo-Sprachen und Pseudo-Abkürzungen).

[32] Zur Wichtigkeit des Materials vgl.: Arthur Ernest Gordon, Illustrated Introduction to Latin Epigraphy, Berkeley 1983, S. 3.

[33] Vgl. zu Materialqualität und handwerklicher Ausführung: Eastmond, Re-Viewing Inscriptions (wie Anm. 31), S. 250f. und zum Entstehungsprozess von Inschriften (beteiligte Akteure und handwerkliche Schritte miteinschließend) Von der Höh, Erinnerungskultur (wie Anm. 22), S. 213–215.

[34] Vgl. zur Wahl der Schriftart: Antony Eastmond, Viewing Inscriptions, in: Viewing Inscriptions from the Late Antique and the medieval World, hrsg. v. Antony Eastmond, Cambridge 2015, S. 1–9, hier S. 3 und vgl. Schmid, Geschichte (wie Anm. 30), S. 424 und zur Machart der Schrift und Schriftgröße: Marc von der Höh, Epigraphik, in: Oldenburg Geschichte Lehrbuch – Mittelalter, hrsg. v. Andreas Ranft,  Matthias Meinhardt und Stephan Selzer, München 2007, S. 315–320, hier S. 318f. sowie Stefania Gerevini, Written in Stone: civic memory and monumental writing in the cathedral of San Lorenzo in Genoa, in: Viewing Inscriptions from the Late Antique and the medieval World, hrsg. v. Antony Eastmond, Cambridge 2015, S. 205–229,  hier S. 214.

[35] Zitat: Eastmond, Viewing Inscriptions (wie Anm. 34), S. 2.

[36] Siehe: Eastmond, Re-Viewing Inscriptions (wie Anm. 31), S. 249, vgl. Grabar, Graffiti (wie Anm. 29), S. 239f. und Elizabeth Meyer, Epigraphy and Communication in: The Oxford Handbook of Social Relations in the Roman World, hrsg. v. Michael Peachin, Oxford 2011, S. 191–226, hier v.a. S. 193 und 204.

[37] A. Petrucci prägte hierzu den in der Forschung zentralen Begriff der „scrittura esposta“ (ausgestellte Schrift), der den Ausgangspunkt der meisten neueren epigraphischen Arbeiten bildet. Siehe hierzu Armando Petrucci, La scrittura. Ideologia e rappresentazione, Turin 1986, S. XX: „Scrittura esposta: qualsiasi tipo di scrittura concepito per essere usato in spazi aperti, o anche in spazi chiusi, per permettere una lettura plurima (di gruppo, di massa) ed a distanza di un testo scritto su di una superficie esposta; condizione necessaria perché la fruizione avvenga è che la scrittura esposta sia sufficientemente grande e presenti in modo sufficientemente evidente e chiaro il messaggio (verbale e/o visuale) di cui è portatrice.” und vgl. ebd., S. XXf. sowie Armando Petrucci, Potere, spazi urbani, scritture esposte: proposte ed esempi, in: Culture et idéologie dans le genèse de l’état moderne (= Collection de l’École Française de Rome 82), Rom 1985, S. 85–98, hier S. 88f. und Von der Höh, Einleitung (wie Anm. 23), S. 4–6 sowie Von der Höh, Erinnerungskultur (wie Anm. 22), S. 215–217.

[38] Vgl. hierzu: Von der Höh, Erinnerungskultur (wie Anm. 22), S. 201 – 218, v.a. S. 215–217 und S. 430.

[39] Siehe zur räumlichen Komponente v.a.: Schmid, Geschichte (wie Anm. 30), S. 421f.; Von der Höh, Erinnerungskultur (wie Anm. 22), S. 211 und S. 367f. und vgl. Eastmond, Re-Viewing Inscriptions (wie Anm. 31), S. 251f. und S. 253). Zum stadtrömischen Beispiel einer Inschrift an der Porta Metronia vgl. Ingrid Baumgärtner, Städtischer Raum und kommunale Bauplanung in Rom des 12. bis 14. Jahrhunderts, in: Geotema 27 (2005) S. 30–39, hier S. 32–35 sowie Katharina Bolle, Die Kommune Rom und ihre Inschriften. Ein Blick aus althistorischer Perspektive, in: Inschriftenkulturen im kommunalen Italien. Traditionen, Brüche, Neuanfänge, hrsg. v. Katharina Bolle, Marc von der Höh und Nikolas Jaspert, Berlin/ Boston 2019, S. 225–266, hier S. 230–233.

[40] Vgl. dazu: Eastmond, Viewing Inscriptions (wie Anm. 34), S. 3f. und Von der Höh, Epigraphik (wie Anm. 34), S. 319.

[41] Siehe Eastmond, Viewing Inscriptions (wie Anm. 34), S. 6 und Von der Höh, Erinnerungskultur (wie Anm. 22), S. 430. Vgl. zur Verbindung von Inschriften mit Wappen: Schmid, Geschichte (wie Anm. 30), S. 418–422 und S. 432f.

[42] Eastmond, Viewing Inscriptions (wie Anm. 34), S. 7.

[43] Zum Begriff der Performativität siehe: Jürgen Martschukat und Steffen Patzold, Geschichtswissenschaft und „performative turn“. Eine Einführung in Fragestellungen, Konzepte und Literatur, in: Geschichtswissenschaft und „performative turn“.  Ritual, Inszenierung und Performanz vom Mittelalter bis zur Neuzeit, hrsg. v. Jürgen Martschukat und Steffen Patzold, Köln/Weimar/Wien 2003, S. 1–31 und Karl-Joachim Hölkeskamp, ›perforamtive turn‹ meets ›spatial turn‹. Prozessionen und andere Rituale in der neueren Forschung, in: Raum und Performanz. Rituale in Residenzen von der Antike bis 1815, hrsg. v. Dietrich Boschung, Karl-Joachim Hölkeskamp und Claudia Sode, Stuttgart 2015, S. 15–74.

[44] Siehe hierzu (mit dem Fallbeispiel San Lorenzo in Genua): Gerevini, Stone (wie Anm. 34), S. 218f.) und vgl. Eastmond, Re-Viewing Inscriptions (wie Anm. 31), S. 254f., Eastmond, Viewing Inscriptions (wie Anm. 34), S. 3f. sowie Von der Höh, Epigraphik (wie Anm. 34), S. 319.

[45] Für eine ähnliche Auflistung vgl. Von der Höh, Einleitung (wie Anm. 23), S. 6f.

[46] Vgl. Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 15.

[47] Corpus Inscriptionum Latinarum. Bd. 6, Inscriptiones urbis Romae Latinae, Berlin 1876, S. 167, Nr. 930.

[48] Vgl. zu Datierung und Inhalt der antiken Inschrift Peter Brunt, Lex de imperio Vespasiani, in: JRS 67 (1977), S. 95–116, hier S. 95 und S. 104f., sowie Gordon, Introduction (wie Anm. 32), S. 121. Zwar kann de facto Vespasian als treibende Kraft hinter der inschriftlichen Botschaft angenommen werden, üblicherweise (und de jure auch faktisch) wurde die Inschrift aber durch SPQR als beschlussfassende Instanz gesetzt.

[49] Es ist davon auszugehen, dass die Gesetzestafel ursprünglich aus zwei Bronzetafeln bestand, von denen heute noch der zweite Teil erhalten und in den Musei Capitolini (Inv. Nr. NCE 2553) ausgestellt ist. Vgl. zur Debatte um die Anzahl der Tafeln und ihr Fortleben im Mittelalter: Gordon, Introduction (wie Anm. 32), S. 121, Marta Sordi, Cola di Rienzo e le Clausole macanti della „lex de imperio Vespasiani“, in: Studi in onore di Edoardo Volterra. Bd. 2, Mailand 1971, S. 303–311, hier S. 304f. und Amanda Collins, Cola di Rienzo, the Lateran Basilica, and the Lex de Imperio Vespasiani, in: Medieval Studies 60 (1998), S. 159–183, hier S. 165 und S. 168.

[50] Vgl. Jean-Claude Maire Vigueur, L’altra Roma. Una storia dei romani all’epoca dei communi (secoli XII–XIV), übers. v. Paolo Tomani, Turin 2011, S. 383f.

[51] Vgl.: Ingo Herklotz, Der Campus Lateranensis im Mittelalter, in: Römisches Jahrbuch für Kunstgeschichte 22 (1985), S. 3–43, hier S. 21–24. „Zusammen mit der Lupa war sie [die Lex de Imperio] zum Symbol der päpstlichen Gerichtsbarkeit in der Stadt Rom geworden.“ (Zitat ebd., S. 23f.). Vgl. zu dieser spezifischen Konstellation von Skulptur und Inschriftentafel auch: Adalbert Erler, Lupa, Lex und Reiterstandbild im mittelalterlichen Rom. Eine rechtsgeschichtliche Studie, Wiesbaden 1972, S. 128 und Maire Vigueur, Roma (wie Anm. 50), S. 383.

[52] Zu diesem frühmittelalterlichen Verlust medialer Kompetenz vgl. Von der Höh, Erinnerungskultur (wie Anm. 22), S. 365f.

[53] Odofredus de Denariis, Lectura super Digesto Veteri I, ad D. 1, 1, 6, 1. (Lyon Nachdr.: opera iuridica rariora 2/1, Bologna 1967), fol. 7vb.

[54] Magister Gregorius: Naracio de mirabilibus urbis Romae, hrsg. v. Robert B. C. Huygens, Leiden 1970, S. 31, Z. 592.

[55] Vgl. Tilmann Struve, Cola di Rienzo. Ein Traum von der Erneuerung Roms und die antike lex regia, in: Staat und Gesellschaft im Mittelalter, hrsg. v. Tilmann Struve, Berlin 2004, S. 204–229, hier S. 209f. und Gustav Seibt, La rivoluzione di Cola di Rienzo. Un progetto per la salvezza del mondo, in: Cola di Rienzo. Dalla storia al mito, hrsg. v. Gabriele Scalessa, Rom 2009, S. 15–27, hier S. 20, sowie Collins, Cola di Rienzo (wie Anm. 49), S. 165.

[56] Vgl. MacKay, Information (wie Anm. 6) und vgl. Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 19f.

[57] Vgl. Seibt, rivoluzione (wie Anm. 55), S. 16f.

[58] Siehe Maire Vigueur, Roma (wie Anm. 50), S. 415.

[59] Vgl. zur Inszenierung Maire Vigueur, Roma (wie Anm. 50), S. 418 sowie die zeitgenössische Beschreibung beim Anonimo Romano, Cronica, hrsg. v. Giuseppe Porta, Mailand 1981, S. 108f.

[60] Vgl. ebd.

[61] Z. B.: Sordi, Cola di Rienzo (wie Anm. 49), S. 304–306.

[62] Dazu: Struve, Cola di Rienzo (wie Anm. 55), S.  212 und Collins, Cola di Rienzo (wie Anm. 49), S. 172 und S. 175–179.

[63] Vgl. Collins, Cola di Rienzo (wie Anm. 49), S. 175–179 und Struve, Cola di Rienzo (wie Anm. 55), S. 217–220.

[64] Cola di Rienzo erkannte, dass die ihm vorliegende Inschriftenplatte eine Version der im antiken Corpus Iuris als Grundlage der kaiserlichen Gewalt genannten Lex Regia war, bei welcher der  populus romanus den Ausgangspunkt imperatorischer Gewalt verkörpert. Siehe dazu Gustav Seibt, Anomino Romano. Geschichtsschreibung in Rom an der Schwelle zur Renaissance, Stuttgart 1992, S. 124.

[65] Der juristische Diskurs drehte sich darum, ob es sich um eine dauerhafte (translatio) oder begrenzte (concessio) Übertragung der Rechte gehandelt habe. Vgl. dazu: Struve, Cola di Rienzo (wie Anm. 55), S. 216. Die Beobachtung tangiert somit auch die Bedeutung von Informationen für die Verrechtlichung von Konflikten und als Legitimation von ‚gerechtem‘ Handeln (vgl. Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 18f. und S. 30).

[66] Vgl. Gordon, Introduction (wie Anm. 32), S. 121.

[67] Vgl. zur Schriftart Rudolf Kloos, Einführung in die Epigraphik des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Darmstadt 21992, S. 96–105 und Gordon, Introduction (wie Anm. 32), S. 38–40. Für die Qualität spricht auch, dass die Buchstaben geschlitzt und nicht gegossen wurden (vgl. zur handwerklichen Ausführung der Schrift ebd., S. 121).

[68] Vgl. Walter Koch, Zur Epigraphik der Stadt Rom im späteren Mittelalter, in: Die mittelalterlichen Grabmäler in Rom und Latium. Bd. 1. Die Grabplatten und Tafeln, hrsg. v. Tassilo von Blittersdorff, Wien 1981, S. 25–40, hier S. 25 und Kloos, Einführung (wie Anm. 67), S. 114–117 und v.a. S. 120–132.

[69] Vgl. Ida Calabi Limentani, Sul non saper leggere le epigrafi classiche nei secoli XII e XIII. Sulla scoperta graduale delle abbreviazioni epigrafiche, in: ACME 23/3 (1970), S. 253–282, hier S. 260.

[70] Vgl. u.a. Seibt, Anonimo Romano (wie Anm. 64), S. 111.

[71] Siehe dazu Schmid, Geschichte (wie Anm. 30), S. 439f.

[72] Anonimo Romano, Cronica (wie Anm. 59), S. 108.

[73] Vgl. Anonimo Romano, Cronica (wie Anm. 59), S. 108f.

[74] Anonimo Romano, Cronica (wie Anm. 59), S. 108. Kritisch sieht das Ida Calabi Limentani, die die notwendige Fähigkeit die Lex de Imperio zu lesen als eher gering einschätzt (vgl. Calabi Limentani, epigrafi (wie Anm. 69), S. 263). Trotzdem scheint unabhängig von der tatsächlichen Schwierigkeit die Inschrift entziffern zu können das durch Cola inszenierte Interpretationsmonopol über die Inschrift zeitgenössisch als zentraler Bestandteil der Inszenierung wahrgenommen worden zu sein.

[75] Diese „integrierte Öffentlichkeit“ nimmt aktiv – oder passiv durch ihre Anwesenheit – an dem Aushandlungsprozess teil und ihre Partizipation durch Anwesenheit dient legitimatorischen Zwecken. Siehe dazu: Rudolf Schlögl, Vergesellschaftung unter Anwesenden in der frühneuzeitlichen Stadt und ihre (politische) Öffentlichkeit in: Stadt und Öffentlichkeit in der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Rudolf Schlögl, Wien 2011, S. 29–38, hier S. 29–32 und v.a. S. 35f.

[76] Vgl. Schlögl, Vergesellschaftung (wie Anm. 75), S. 33–35.

[77] Schlögl, Vergesellschaftung (wie Anm. 75), S. 35f.

[78] Informationen führen in diesem Kontext als „[bereits interpretierte…] Repräsentation von Welt […]“ letztendlich zu Entscheidungen und sind Teil von Entscheidungsprozessen (vgl. Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 33).

[79] Bei dem in diesem Beitrag vorgestellten mehrschrittigen Analyseraster ist folglich immer davon auszugehen, dass zeitgenössische Rezipienten unterschiedliche Abstraktionsniveaus hatten, also nicht immer alle möglichen Kommunikationsebenen erfasst bzw. dechiffriert und verstanden wurden. Vgl. hierzu auch Nicoletta Giovè Marchioli, Strukturen und Strategien in der epigraphischen Kommunikation des kommunalen Italiens, in: Inschriftenkulturen im kommunalen Italien. Traditionen, Brüche, Neuanfänge, hrsg. v. Katharina Bolle, Marc von der Höh und Nikolas Jaspert, Berlin/ Boston 2019, S. 31–64, hier S. 61 und zur selektiven Wahrnehmung von Information im Allgemeinen MacKay, Information (wie Anm. 6), S. 75.

[80] Unter diesem Ausdruck versteht man in der epigraphischen Forschung die öffentliche und in einem beständigen Material (zumeist eben Stein) Informationen über einem langen Zeitraum zur Verfügung stellende Funktion von Inschriften. Die mit „Autorität der Schrift auf Stein“ bezeichnete Eigenschaft trifft somit auch auf die Lex de Imperio zu, auch wenn in diesem Fall Bronze und nicht Stein als Trägermaterial verwendet wurde.

[81] Anonimo Romano, Cronica (wie Anm. 59), S. 108f.

[82] Diese Interpretation zielt auch auf die Bedeutung von Informationen als Grundlage von Entscheidungsfähigkeit (vgl. dazu Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 26). Zudem brachte di Rienzo die Informationen der Lex de Imperio nicht nur mit zeitgenössisch verfügbaren Wissensbeständen zusammen, sondern nutzte auch sein eigenes Vorwissen. Gustav Seibt hält hierzu fest: „Agli occhi di Cola, storico ed esperto di dritto, l’antica Roma forniva il modello di una collettività giuridicamente ordinata, agli antipodi della Roma del suo tempo, dominata dal caos e dalla legge del più forte.” (Zitat: Seibt, rivoluzione (wie Anm. 55), 18f.).

[83] Vgl. zur Situations- und Handlungsabhängigkeit von Informationen: Brendecke, Friedrich und Friedrich, Information (wie Anm. 5), S. 18f. und S. 31 und Oeser, Informationsbegriff (wie Anm. 1), S. 235f.

 

Alle angegeben Links wurden am 4. Dezember 2019 geprüft.


D O W N L O A D

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Empfohlene Zitierweise/Suggested Citation: Julian Zimmermann, Vom ‚Datensatz‘ zum ‚Wissen‘. Inschriftliches Informationsangebot und dessen Verarbeitung am Beispiel der Lex de Imperio Vespasiani im spätmittelalterlichen Rom, in: Informationsverarbeitung in der Stadt des 12.–16. Jahrhundert. Beiträge des interdisziplinären (Post-)Doc-Workshop des Trierer Zentrums für Mediävistik im November 2018, hrsg. von Eric Burkart und Vincenz Schwab (Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, Beihefte 2), S. 1–20,  DOI: 10.26012/mittelalter-23151.



Diesen Blogbeitrag zitieren
Julian Zimmermann (2019, 6. Dezember). Vom ‚Datensatz‘ zum ‚Wissen‘. Mittelalter. Abgerufen am 29. März 2024, von https://doi.org/10.58079/rh6v

Julian Zimmermann

Seit 11/2019- wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Regensburg; GRK Metropolität in der Vormoderne/ Lehrstuhl Prof. Jörg Oberste Seit 10/2019: wissenschaftlicher Mitarbeiter an der PH Freiburg 4/2018- 9/2019: Promotionsstipendiat der Basel Graduate School of History (Universität Basel, CH) 2011-2018: Studium der Geschichte, Philosophie und Archäologie in Freiburg i. Brsg. und Rom

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